Zementierte Ungleichheit
Geldvermögen
Zementierte Ungleichheit
Wolf Brandes
Die ungleiche Vermögensverteilung ist einer der Gründe für Krisen, Migration und auch Probleme in der nachhaltigen Entwicklung.
Nach der Credit Suisse hat nun auch die Allianz Versicherung einen Global Wealth Report über die Vermögensbildung in der Welt vorgelegt. Im Ergebnis kommen beide Häuser zu der Feststellung, dass die Menschen im Jahr 2022 global betrachtet ärmer geworden sind. Das kommt selten vor, ist aber auch überhaupt nicht überraschend und war von den meisten Experten erwartet worden. Anders geht es gar nicht, wenn in einem Jahr Aktien und Anleihen dramatisch fallen und damit nicht nur diese beiden Assetklassen, sondern auch abgeleitete Ansprüche an Versicherungen und Pensionsfonds zurückgehen.
Schmerzlicher Rückgang
Ein Minus von 2,7% weltweit ist zwar schmerzlich, aber letztlich zu verschmerzen. Schon in diesem Jahr soll es beim Vermögen wieder aufwärtsgehen. Interessanter sind die Unterschiede in den Regionen, aber auch die Frage, ob sich an der Vermögensverteilung etwas geändert hat. Denn es ist ja nun mal bekannt, dass wenige Haushalte das meiste Geld besitzen, um es mal auf eine ganz einfache Formel zu bringen. Statistisch drückt man das mit dem Gini-Koeffizient aus als Maß der relativen Ungleichheit.
Die neue Untersuchung der Allianz zeigt leider, dass es bei der Vermögensverteilung in Richtung von weniger Ungleichheit keine Fortschritte gegeben hat. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Die Verteilung von Geld, Aktien und Wertpapieren zwischen den westlichen Staaten und den Emerging Markets, die man am Netto-Geldvermögen pro Kopf im Verhältnis zwischen Industrie- und Schwellenländern misst, verharrt seit 2015 auf ein und demselben Niveau.
Ungleiche Vermögensverteilung ist Grund für Krisen
Das ist besorgniserregend, denn die ungleiche Vermögensverteilung ist einer der Gründe für Krisen, Migration und Probleme in Sachen nachhaltige Entwicklung. Dass die Krise 2022 an den Kapitalmärkten daran wenig ändert, überrascht vielleicht nicht. Aber auch die Entwicklung in einzelnen Emerging Markets ist unter dem Aspekt der Vermögensverteilung besorgniserregend.
Wenn beispielsweise China gegen den Trend weiter gewaltige Vermögen anhäuft, könnte man ja hoffen, dass sich das irgendwie gut verteilt. Das Land kommt bei den vermögenden Haushalten schon auf Platz zwei hinter den USA. Mitnichten, gerade in China und auch in anderen Schwellenländern ist die Ungleichheit eher größer geworden, so die neue Studie. Sodass unterm Strich ein Rückgang bei der weltweiten Vermögensbildung im vergangenen Jahr um knapp 3% wohl nicht das größte Problem ist.