Notiert inMünchen

Zettelwirtschaft auf der Bits & Pretzels

Auf der Start-up-Messe Bits & Pretzels sind auch in diesem Jahr wieder Tausende Akteure aus der Gründerszene zusammengekommen, um sich zu vernetzen und Innovationen für die Zukunft zu besprechen. Bei allem Hang zum technischen Fortschritt war es aber ausgerechnet ein Schwarzes Brett, das viele in seinen Bann zog.

Zettelwirtschaft auf der Bits & Pretzels

Notiert in München

Zettelwirtschaft auf der Bits & Pretzels

Von Karolin Rothbart

Zeit ist Geld, das gilt besonders im technologischen und wirtschaftlichen Wettbewerb. Dinge müssen eben schnell geklärt werden, wenn man als Gründer am nächsten großen Gamechanger arbeitet und dafür noch auf der Suche nach patenten Geldgebern ist. Das Credo gilt auch für die Geldgeber selbst, die sich – je nach Größe ihrer Gesellschaft – durch Tausende Start-up-Bewerbungen pro Woche wühlen und so den Schöpfer des nächsten großen Gamechangers erst mal identifizieren müssen.

So überrascht es denn auch nicht, dass auf der Start-up-Messe Bits & Pretzels, die seit 2014 jedes Jahr in München ausgetragen wird, strikt auf Effizienz geachtet wird. Via App können sich Teilnehmer ihre Meeting-Marathons in einer 15-Minuten-Taktung schnell und einfach selbst organisieren. Beim großen „European Pitch-Contest“, bei dem Gründer und Gründerinnen neben einer goldenen Brezel vor allem viel Aufmerksamkeit für ihre Start-ups gewinnen können, schallt in den letzten zehn Sekunden der dreiminütigen Redezeit ein bedrohlicher Alarm durch den Saal. Im Gewirr der 5.000 Besucher stehen hier und da Schallschutzkabinen bereit, um zeitkritische Arbeiten direkt vor Ort erledigen zu können.

In all der Hektik um den technischen Fortschritt mutet ein Bestandteil der sogenannten „Matchmaking Area“ auf der Messe besonders kurios an. Im Sinne des guten alten „Schwarzen Bretts“ können Unternehmer, Investoren und andere Akteure der Gründerszene hier auf ganz analogem Weg zusammenkommen: via Pinnwand, Stift und Zettel. „Das Konzept ist hier wahnsinnig beliebt“, sagt ein Mitarbeiter des Münchener Betreibers „The Matchmakers“. Und tatsächlich: Kaum ein Zentimeter ist mehr frei auf den Wänden, an denen Tech-Arbeiter nach Jobs, Unternehmer nach Mitarbeitern und Geldgebern und Firmenberater nach Aufträgen suchen. Der Bereich scheint den Besuchern das zu geben, was sie ansonsten auf der Messe nur schwerlich finden: Entschleunigung. Das Schwelgen in Nostalgie.

Ansonsten herrscht auf der Messe jenes kreative Chaos, das der Tech-Szene seit jeher zu eigen ist. Junge Männer staksen auf Stelzen durch die Menge und verteilen Süßigkeiten. Ein Roboterhund läuft durch die Gegend und gibt Pfötchen. Eine „Pretzel Wall“ versorgt die Besucher mit dem Laugengebäck, das man als Motiv auf T-Shirts und Hoodies auch käuflich erwerben kann. Nicht wenige haben sich dafür entschieden.

In der Vergangenheit haben sich auch nicht wenige Gründer und Investoren für eine Wette auf den Standort Bayern entschieden. „Wir sind die Nummer-1-Start-up-Region in Deutschland“, sagt Florian Herrmann, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien. Fast 2,6 Mrd. Euro Wagniskapital seien im vergangenen Jahr in den Freistaat geflossen. Als Bundesland habe man hierfür die Weichen gestellt und unter anderem viel in die universitäre Forschung investiert. „Die Zukunft beginnt jetzt“, sagt Herrmann.

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