LeitartikelSparkassen

Zins-Schweinerei? Von wegen!

Sparkassen leben mit dem Vorwurf, durch niedrige Sparzinsen ihren öffentlichen Auftrag zu verfehlen. Zu Unrecht!

Zins-Schweinerei? Von wegen!

Sparkassen

Keine Pflicht für üppige Zinsen

Sparkassen leben mit dem Vorwurf, durch niedrige Sparzinsen ihren Auftrag zu verfehlen. Zu Unrecht!

Von Jan Schrader

Kaum Zinsen, wie unverschämt! So jedenfalls ist zuweilen die Stimmung, wenn es um die oft mäßigen Zinsangebote von Sparkassen geht. Denn während die Sparkassenkunden in der Tat vielfach eher geringe Tagesgeld-Zinsen bei ihrem Heimatinstitut hinnehmen, weisen die öffentlich-rechtlichen Geldhäuser für das zurückliegende Jahr einen Zinsüberschuss von 28,4 Mrd. Euro aus, einen Zuwachs von 35%, wie der Verband DSGV am Dienstag festhielt. Das Geld, so scheint es, fließt einfach nicht an die Kunden weiter. Eine „Zins-Schweinerei“ also, wie die Boulevardpresse schimpft.

Zwar gibt es einige rote Geldhäuser, die bereits Tagesgeld-Zinssätze von mehr als 1% anbieten. Auch sind mit der BayernLB-Tochter DKB und der 1822direkt der Frankfurter Sparkasse Direktbanken aus der öffentlich-rechtlichen Gruppe im Markt aktiv. Die Zeit der Negativzinssätze ist auch im Sparkassensektor vorbei. Doch insgesamt spielen Sparkassen im Zinswettbewerb – wie auch Volks- und Raiffeisenbanken – keine Vorreiterrolle, sondern fallen im Zinsvergleich weit hinter vielen Direktbanken, Auslandsbanken und Autobanken zurück. Nur: Eine „Schweinerei“ ist das mitnichten.

Es gibt gute Gründe, weshalb Sparkassen im Zinswettbewerb anders auftreten. Die Institute schöpfen aus dem Einlagenpool einer breiten Anlegerschar und müssen weniger dringend neues Geld an sich ziehen. Sie verfügen über einen hohen Bestand an Wohnkrediten und haben hier wegen einer oft langen Zinsbindung noch viele Verträge mit geringeren Zinssätzen in den Büchern – so bleibt wenig Raum für üppige Zinsen in der Refinanzierung über Einlagen. Und dann unterhält die Gruppe ein Netz aus deutschlandweit rund 7.700 Bankstellen, wie die Bundesbank für Ende 2022 aufschlüsselt. Das ist ein Kostenblock, den viele andere Banken so nicht haben. Warum also sollten Sparkassen besonders hohe Sparzinsen bieten?

Sparkassengesetze ohne klare Vorgaben

Kritiker verweisen auf die Sparkassengesetze, die den Auftrag der regionalen Geldhäuser vorgeben. Sparkassen sollen zum Beispiel in Hessen und Sachsen das „Sparen fördern“, in Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen einen „Sparsinn“ pflegen und in Nordrhein-Westfalen eine „finanzielle Eigenvorsorge und Selbstverantwortung“ fördern. Auch das Ziel einer „Vermögensbildung“ ist in mehreren Bundesländern erwähnt. Ein möglichst hoher Sparzins käme diesen Zielen zweifellos entgegen. Aber zwingend ist diese Interpretation nicht. Eine Kultur des Sparens lässt sich auf vielfältige Weise fördern. Auch die Lesart der Verbraucherzentralen in Bayern, Hessen und Brandenburg, die Sparkassen in der Pflicht sehen, positive Zinsen zu zahlen, kann heikel sein – sollten Negativzinsen zurückkehren, wären Sparkassen unflexibel. Nicht vergessen: Viele Sparkassengesetze schreiben ausdrücklich „kaufmännische Grundsätze“ vor. Das setzt einen wirtschaftlichen Zinssatz voraus.

Hohe Sparzinsen sind auch nicht unbedingt der wichtigste Existenzgrund einer Sparkasse. Die Liste der Erwartungen an die öffentlich-rechtlichen Institute ist lang. Eine Unterstützung für soziale und kulturelle Belange vor Ort ist ausdrücklich in einigen Sparkassengesetzen der Bundesländer erwähnt. Den Erhalt des Filialnetzes wiederum fordern Verbraucherschützer und zuweilen auch Politiker, um gerade älteren Menschen eine finanzielle Teilhabe zu garantieren. Auch der Ruf nach einer kundenfreundlichen Lösung in Streitfragen oder günstigen Basiskonten für sozial Benachteiligte kommt immer wieder auf. All diese Forderungen an Sparkassen sind legitim. Sie können aber mit dem Ziel einer hohen Zinszahlung an die Masse der Kundinnen und Kunden in Konflikt geraten – ähnlich wie übrigens mit Ausschüttungswünschen kommunaler Eigner.

Keine Schweinerei, aber eine Eselei

Nicht der öffentliche Auftrag, sondern der Wettbewerb mit anderen Banken ist daher Triebfeder für höhere Zinsen im Sparkassenlager. DSGV-Präsident Ulrich Reuter ruft die Gruppe dazu auf, ihre Marktanteile auszubauen. Zinsangebote spielen eine wesentliche Rolle, um neue Kunden zu gewinnen. Niedrige Sparzinsen sind also keine Schweinerei. Sie können aber, je nach Marktlage und Wettbewerb, eine Eselei sein.

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