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Zombie-Deals plagen Private Equity

"Missing in Auction": Immer mehr groß angekündigte Private-Equity-Milliardendeals zum Ausstieg aus Portfoliofirmen ziehen sich ewig hin und enden im Nirwana.

Zombie-Deals plagen Private Equity

Finanzinvestoren

Zombie-Deals plagen Private Equity

Von Christoph Ruhkamp

"Missing in Auction": Immer mehr groß angekündigte Private-Equity-Milliardendeals zum Ausstieg aus Portfoliofirmen ziehen sich ewig hin und enden im Nirwana.

Ein Familienunternehmen müsste man sein. Dann ginge vieles schneller und entschiedener. Anfang August kamen Gerüchte darüber auf, dass der Schokoriegel- und Tiernahrungsriese Mars den Konkurrenten Kellanova, einen Spezialisten für salzige Snacks, übernehmen will. Wenige Wochen danach ist der 36 Mrd. Dollar schwere Deal, inklusive 6 Mrd. Dollar Schulden von Kellanova, so gut wie über die Bühne gebracht. Es wird eine der größten Transaktionen in diesem Jahr sein. Bei diesem Tempo kann die Private-Equity-Branche nicht mithalten. Im Gegenteil. Von Alloheim und Apleona über Stada und Techem bis hin zu Springer Nature oder Springer: Immer mehr groß angekündigte Private-Equity-Milliardendeals oder avisierte Börsengänge aus den Portfolios der Finanzinvestoren ziehen sich ewig hin und enden schließlich im Nirwana.

Am schlimmsten war es im vergangenen Jahr. Der Wert der Deals, bei denen Portfoliofirmen weiter verkauft wurde - im Fachjargon „Exit“ genannt - sank um fast die Hälfte. Beim Fundraising sah es nicht besser aus: Es wurden 38 % weniger Buyout-Fonds geschlossen. Der Markt war ins Stocken geraten. Ursache dafür war der drastische und rasche Anstieg der Zentralbankzinsen, der Investoren dazu veranlasste, die Pause-Taste zu drücken. Inzwischen haben sich die Zinssätze längst stabilisiert, und es geht darum, wann und wie schnell sie sinken. Die noch nicht investierten Kapitalzusagen der Investoren - im Fachjargon „Dry Powder“ - türmen sich zu immer neuen Rekord-Billionenwerten. Und dennoch steckt die Branche in ihren alten Beteiligungen fest: Fast die Hälfte aller globalen Buyout-Unternehmensbeteiligungen wird seit mindestens vier Jahren gehalten. Ihr Wert summiert sich auf mehr als 3 Bill. Dollar.

Stopp statt Go

Eigentlich müsste auf das Drücken der Pause-Taste jetzt das „Go“ folgen. Doch zumindest in Deutschland bleiben die großen Private-Equity-Zukäufe oberhalb von 5 Mrd. Euro Volumen weiter aus. Ganz zu schweigen von den Exits, die insgesamt absolute Mangelware sind. Lange Zeit wurde das allein damit begründet, dass die Beteiligungen zu einem Zeitpunkt eingekauft wurden, als Fremdkapital fast nichts kostete und deshalb so hoch bewertet wurden, das Verkäufer und Käufer sich jetzt nicht auf einen Preis einigen können.

Darüber hinaus ist der IPO-Markt nahezu geschlossen. Es gab zwar die Börsengänge des spanischen Kosmetik- und Parfümkonzerns Puig sowie des Schweizer Hautpflegeriesen Galderma aus dem Portfolio von EQT und das Debüt des Finanzinvestors CVC in Amsterdam. Das war es aber auch schon. Die Erstnotierung von Douglas aus dem CVC-Portfolio geriet zum Flop, und Permira musste den Börsengang von Golden Goose in Mailand wieder abblasen. Oft ist die üppige Verschuldung der Private-Equity-Portfoliofirmen ein Grund für die Zurückhaltung der Investoren. Inzwischen kommt aber auch ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber IPOs aus Finanzinvestorenhand hinzu, das sich nicht allein durch Schuldenabbau zerstreuen lässt. Wenn aber der IPO-Markt zurzeit verschlossen ist, dann fehlt ein Exit-Weg, der gerade für die großen Beteiligungen gebraucht wird. Auch das trägt zur Exit-Flaute bei. Niemand wird jetzt eine viele Milliarden schwere Unternehmensbeteiligung erwerben, wenn er befürchten muss, dass ein schrittweiser Teilausstieg über die Börse für lange Zeit als Option ausscheidet.

Nichts geht voran

Jeder Fall ist etwas anders gelagert. Beim Altenheimbetreiber Alloheim etwa, der Nordic Capital gehört, kam neben der Zinswende noch der Altenheim-Skandal des französischen Konzerns Orpea einer erfolgreichen Auktion in die Quere. Niemand wollte sich ein solches Compliance-Risiko mit dem Skandal vor Augen ins Portfolio holen. Beim Arzneimittelhersteller Stada dagegen sprechen die hohe Verschuldung und ein separiertes, aber bedeutendes Russland-Geschäft gegen einen reibungslosen Deal. Bei Techem sorgten tatsächlich Bewertungsdifferenzen dafür, dass der Deal seit Monaten auf Eis liegt. Jeder Fall liegt anders, aber allen gemein ist, dass sie nicht vorankommen. Die Private-Equity-Branche kann nur hoffen, dass die bevorstehenden Zinssenkungen den Stau auflösen. Sicher ist das nicht.

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