KommentarWasserstoffstrategie

Zu fixiert auf die Farbe Grün

Die neue Wasserstoffstrategie der Bundesregierung beschränkt Subventionen gleich anfangs auf "grünen" Wasserstoff. Das könnte sich als Fehler erweisen.

Zu fixiert auf die Farbe Grün

Wasserstoffstrategie

Zu fixiert auf die Farbe Grün

Von Christoph Ruhkamp

Die neue Wasserstoff-strategie der Bundes- regierung beschränkt Subventionen gleich anfangs auf „grünen“ Wasserstoff. Das könnte sich als Fehler erweisen.

Die neue Wasserstoffstrategie der Bundesregierung, die bald den drei Jahre alten Vorläufer ablöst, klingt an vielen Stellen unrealistisch euphorisch: Der Beginn des Markthochlaufs wurde „erfolgreich umgesetzt“, heißt es darin. Das wird konstatiert wie ein Fakt. Dabei ist in den ver-
gangenen drei Jahren außer Ab-
sichtserklärungen nicht allzu viel passiert. Wenn das in diesem Tempo weitergehen sollte, dann wäre es viel zu langsam, um in der Industrie fossile Brennstoffe bald durch Wasserstoff abzulösen. Die Bundesregierung versäumt es mit der neuen Strategie abermals, das Henne-Ei-Problem im Wasserstoffmarkt zu beheben. Die Produzenten wollen eine Abnahmemenge klar erkennen können, die Wasserstoffabnehmer wollen wissen, ob denn genügend produziert würde, um ihre Hochöfen, Fabriken, Flugzeuge und Schiffe damit zu betreiben. Dafür müsste man einfach mal anfangen, größere Mengen zu produzieren. Die Amerikaner liefern die nötigen staatlichen Anreize dafür mit umfänglichen Steuererleichterungen. Hierzulande dagegen soll subventioniert werden – aber nur der „grüne“ Wasserstoff, der mit Hilfe erneuerbarer Energien erzeugt wird. Experten halten es für einen Fehler, die Hilfen gleich am Anfang zu beschränken. Auch „grauer“ und „blauer“ Wasserstoff aus Erdgas mit CO2-Abscheidung sollten gefördert werden, damit anfangs erst einmal die benötigten Mengen zusammenkommen. Die Übergangszeit kann erst beendet werden, wenn für die Produktion von grünem Wasserstoff in Europa ausreichend Wind- und Solarstrom zur Verfügung steht.

Bereits jetzt ist in Deutschland ein Verteilungskampf um grünen Wasserstoff entbrannt, obwohl die Erzeugung noch gar nicht begonnen hat. Es ist schwierig, Getue von Taten zu unterscheiden. Ständig werden neue Projekte angekündigt. Bosch will in das Brennstoffzellengeschäft von 2021 bis 2026 knapp 2,5 Mrd. Euro investieren. Und kürzlich stellte der französische Wasserstoffhersteller Lhyfe Pläne für eine 130 Mill. Euro teure 70-Megawatt-Anlage für grünen Wasserstoff im saarländischen Städtchen Perl vor. Doch nach neuen Daten der Erneuerbaren-Lobby IEA haben nur 5% der weltweit angekündigten Projekte für sauberen Wasserstoff offiziell grünes Licht erhalten und eine endgültige Investitionsentscheidung getroffen. Damit sich das ändert, sollte die Bundesregierung die Fixierung auf „grünen“ Wasserstoff aufgeben. So kommt das Ganze erst einmal in Gang.