Zu großer Pessimismus
Europäische Ölaktien
Zu großer Pessimismus
Von Dieter Kuckelkorn
Die Aktien europäischer Ölkonzerne gehören nicht gerade zu den Lieblingen der Anleger. Während beispielsweise der Dax im laufenden Jahr bereits knapp 13% hinzugewonnen hat und der breitere Stoxx 600 immerhin 9,2%, hatte beispielsweise der italienische Ölkonzern Eni ein Minus von 5% hinzunehmen. Die britische BP ermäßigte sich seit Jahresanfang um 6%, während sich die französische Total Energies um knapp 2% verbilligte. Nur Shell hat immerhin in dem betrachteten Zeitraum einen Anstieg um etwas mehr als 6% verzeichnet. Die Bewertungen sind niedrig. So kommt Total Energies auf ein KGV auf Basis der Analystenprognosen für die kommenden zwölf Monate von 7,8, Eni von 7,2, BP von 7,3 und Shell von 8,4.
Vor zwei Jahren waren die Analysten noch wesentlich optimistischer, als die westlichen Sanktionen gegen Russland die Preise für Öl und Gas deutlich nach oben getrieben hatten. Nun aber werden vor allem Risiken gesehen. Vor allem wird von einem Überangebot ausgegangen, der Brent-Ölpreis ist am Dienstag unter 75 Dollar gefallen. Möglicherweise sind diese Sorgen aber überzogen, denn die Prognose eines Überangebots setzt voraus, dass die Opec wie in Aussicht gestellt ihre Produktionskürzungen in Kürze zurückfahren und damit ihre Förderung in einem durch Konjunkturpessimismus in den USA, der EU und China gekennzeichneten Umfeld deutlich erhöhen wird.
Ebenso wird vorausgesetzt, dass sich der kräftige Anstieg der US-Ölproduktion fortsetzt. Allerdings hat die Opec stets betont, dass die Ausweitung der Produktion unter dem Vorbehalt dafür geeigneter Marktbedingungen steht. Außerdem ist es unrealistisch, von einer Fortsetzung des starken Wachstums der US-Förderung angesichts niedrigerer Preise und höherer Renditeansprüche an die US-Schieferölindustrie auszugehen. Insofern spricht einiges dafür, dass die Bewertungen der europäischen Ölkonzerne zu niedrig sind. Einen Nachteil werden sie gegenüber den US-Konzernen aber weiter erdulden müssen, denn die Regulierung wird in Europa härter bleiben.