Zu viele Nullen
Drei Größen braucht der Boss: Million, Milliarde, Billion. Klein, mittel, groß. S, M, L. Die Billion ist die Zahl zur Kommentierung der Weltfinanzlage. Sie fällt beim Kamingespräch lässig im Zusammenhang mit Begriffen wie Bruttosozialprodukt oder Bankenrettungsfonds. Die Milliarde ist die Grundrecheneinheit in der Firmenzentrale. Sie wird für Umsatz und Gewinn gebraucht. Die Million ist die Nachkommastelle in der geschäftlichen und die Vorkommastelle in der privaten Bilanz. Zumindest, wenn man nicht Larry Page, Mark Zuckerberg oder Dagobert Duck heißt.CEOs und CFOs kennen den Zahlenraum zwischen Mill., Mrd. und Bill. wie ihren Handrücken. Unschärfen ergeben sich allenfalls, wenn Zersetzungserscheinungen von Sprachgrenzen im Managerhirn durch berufsbedingte Degeneration weit fortgeschritten sind. Wer Sätze hervorbringt wie “Wir reporten einen Free Cash-flow von 1,2 Bill. Euro”, der meint, kein Zweifel, die Milliarde.Was auf dem Zahlenstrahl links der Mill. und rechts der Bill. kommt, liegt außerhalb des Gesichtsfelds eines Top-Leaders. Selbst für den Finanzchef, der den Pfennig ehrte und den Tausendmarkschein noch kannte, ist der Tausender eine Größe, die kauf- und weltmännisch wegzurunden ist, solange es ums Geldzählen geht und nicht um Headcount. Die Größe jenseits der Billion, die Trillion, ist auch großen Zahlenjongleuren fremd.Sie haben den Fehler sicher bemerkt: Nach der Billion kommt in Kontinentaleuropa und Frankokanada erst die Billiarde und dann erst die Trillion. Da verrutschen die Maßstäbe schon mal. Wer englische billion und deutsche Billion verwechselt, irrt um Faktor 1 000. Wer trillion und Trillion durcheinanderwirft, haut um Faktor 1 000 000 daneben. Die Sprachverwirrung hat historische Gründe. Seit dem 17. Jahrhundert gibt es zwei unterschiedliche Konventionen. Man sollte beide kennen.Es geht nämlich um viel. One size fits all? Passt nicht! Kleiner Irrtum, kleine Folgen, großer Irrtum: Sie wissen es. Und wir leben ja nicht im Mittelalter, als Zahlen nur bis Hunderttausend bekannt waren. Die Million, die große Tausend, wird erstmals anno 1270 gebraucht, in Italien. Als Service für den eiligen Leser deshalb auf einen Blick:Englisch: 1 trill. = 1 000 000 000 000Deutsch: 1 Trill. = 1 000 000 000 000 000 000Und hier Tausendersprünge im Überblick:Englisch: mill. bill. trill. quadrill. quintill.Deutsch: Mill. Mrd. Bill. Brd. Trill.Größe: S M L XL XXLWas das soll? Es visualisiert, was passiert, wenn die souverän als “tn” abgekürzte englische trillion und die deutsche Trillion durcheinandergeraten. Da müssen wir uns leider an die eigene Nase fassen. Denn so war’s zu lesen, vom Manager gesagt und in der Börsen-Zeitung gedruckt: Bedeutung des gesamten Luftverkehrs für die Weltwirtschaft: 1,5 Trill. Dollar laut Airbus. Und: Weltweite Leasingverpflichtungen aller börsennotierten Unternehmen: 3,3 Trill. Dollar laut IASB. Und, und, und.Mobile und immobile Leasinggüter sind zahlreich und kostbar. Aber ein Volumen von Trill. Dollar? Niemals! Trill. im deutschen Satz, gefolgt von Dollar, Euro, Yen oder Yuan, ist falsch. Garantiert. Zumindest, solange keine Hyperinflation wie 1924 kommt, als es Scheine mit dem Aufdruck Hundert Billionen Mark gab. Das Bruttoweltprodukt lag 2015 bei nur rund 75 Bill. Dollar. Und: Alle baulichen Vermögenswerte auf dem Globus werden auf nur gut 200 Bill. Dollar geschätzt. Auch wenn der vom Infrastrukturberater Arcadis genannte Wert ein paar Billiönchen höher liegt: 200 Bill. sind 0,2 Brd. oder 0,0002 Trill. Dollar. Zu viele Nullen. Um auf galaktische 1 Trillion Dollar zu kommen, brauchen wir 5 000 Erdbälle. Bebaut, geteert, untertunnelt. Flugzeuge gehen extra.Damit liegt Trill. weit jenseits unseres Horizonts. Ist Mill. im deutschen Finanzjargon Chiffre für wenig, Mrd. für viel und Bill. für sehr viel, so stehen Brd. und ihre große Schwester Trill. auf einer Stufe mit Fantastilliarde und Pimpillion. Also weg mit Trill.? Bloß nicht. Trill. wird gebraucht für das, was wir nicht wägen und für uns doch Gewicht hat. Die weltweite Datenmenge wächst derzeit laut IBM täglich um 2,5 Trill. Bytes. Das ist korrekt aus dem Englischen (“2.5 quintill.”) übersetzt.Dieser Zeitungsartikel steuert übrigens 5 000 Bytes zum heutigen Weltdatenprodukt bei, inklusive unsichtbarer Steuerzeichen, ohne Foto. Für Big Money ist Trill. zwei Nummern zu weit. Aber für Big Data passt Größe XXL perfekt.——–Von Daniel SchauberWer englische billion und deutsche Billion verwechselt, irrt um Faktor 1 000. Wer trillion und Trillion vertauscht, haut noch ein wenig mehr daneben. ——-