Zunehmend korrekturanfällig
Aktienmärkte
Zunehmend korrekturanfällig
Von Christopher Kalbhenn
So manchen Strategen dürfte das aktuelle Geschehen an den Aktienmärkten Kopfzerbrechen bereiten. Nicht zuletzt Marktexperten namhafter großer US-Häuser sagen – teilweise schon seit geraumer Zeit – eine deutlichere Korrektur voraus. Doch die Aktienmärkte setzen unverdrossen ihren Höhenflug fort. Getrieben vom haussierenden Tech-Sektor haben die führenden US-Indizes den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr erreicht. Der Nikkei hat ein 33-Jahres-Hoch, der Dax am Freitag ein Rekordhoch von 16.427 Zählern.
Zu dem Höhenflug hat maßgeblich beigetragen, dass sich die Unternehmensgewinne bei weitem besser entwickelt haben als von den Analysten erwartet. In den zurückliegenden Quartalen sind die Konsensprognosen stets und teilweise deutlich übertroffen worden. Hinzu kommt, dass sich die ökonomischen Verwerfungen der Pandemie und des Ukraine-Krieges deutlich abgemildert haben, etwa was die Lieferketten und die Energiepreise betrifft. Letzteres wiederum trägt maßgeblich dazu bei, dass die Inflationsraten begonnen haben zurückzugehen, was der US-Zentralbank ermöglicht, nun eine Zinserhöhungspause einzulegen.
Auf den deutlich erhöhten Kursniveaus nimmt nun aber die Korrekturanfälligkeit deutlich zu. Zwar ist beim US-Leitzins nun wahrscheinlich das Ende der Fahnenstange erreicht. Aber das doch eher falkenhaft ausgefallene Statement der Fed macht auch bewusst, dass die Hoffnungen auf baldige deutliche Leitzinssenkungen nicht aufgehen werden. Das drastisch erhöhte Zinsniveau wird über einen recht langen Zeitraum Bestand haben, weil sich der Rückgang der Inflation als zäher Prozess erweist. Mit Verzögerung werden die höheren Zinsen ihre volle Wirkung auf die Realwirtschaft erst noch entfalten, mit negativen Folgen für das Wirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne, deren Wachstum sich bereits deutlich verlangsamt hat. Es ist auch fraglich, ob frühzeitig und schnell wieder sinkende Leitzinsen aus Sicht des Aktienmarktes wirklich wünschenswert wären. Denn das würde eine empfindliche Abkühlung der Wirtschaft mit deutlich sinkenden Unternehmensgewinnen voraussetzen, kaum der Stoff für eine nachhaltige Fortsetzung der Hausse.