Zwang zum Wandel
Notiert in Frankfurt
Zwang zum Wandel
Von Alexandra Baude
Die Frankfurter Buchmesse wandelt sich. Und das muss sie auch. Nicht nur, weil mittlerweile mit 27 Minuten täglich die Lesedauer hierzulande nun ja, sagen wir mal, überschaubar ist. Gegenüber mehr als zwei Stunden Fernsehkonsum. Aber auch, weil die Corona-Pandemie die Vorteile virtueller Treffen gezeigt hat. Die Messe als alleinige Kontaktbörse hat ausgedient.
Vorausschauend wird versucht, für eine neue Besuchergruppe attraktiver zu werden: New Adult ist das Stichwort. 8.000 Quadratmeter − oder anders gesagt: Eine ganze Halle − sind „Romantasy“ und „Dark College“ gewidmet. Allerdings eher als Convention, denn als klassische Messe. Dass sich der Versuch lohnen dürfte, zeigt sich in der Messehalle: 3.0, der Heimat von Belletristik und Kinder-/Jugendbüchern. Der dort angesiedelte pastellige und blumenumkränzte Lyx-Stand, der die entsprechende Lektüre aus dem Hause Bastei Lübbe feilbietet, war während des noch eher spärlich besuchten ersten Fachbesuchertages jedenfalls schon mal ein Publikumsmagnet.
Sämtliche Altersstufen begeistern dürfte die eher unscheinbar am Rande der Halle 4.1 gelegene Riege alter PCs. Moment. Alte PCs? Aus dem vorigen Jahrhundert? Auf der Buchmesse? Ja. Hier darf gezockt werden, „Niemandsland“ etwa. Für die Jüngeren liegt ein Zettel mit den gängigsten Befehlen parat. Auch der Tessloff-Verlag eint die Generationen. Klar, mit seinen „Was ist Was“-Büchern. Aber auch dem Dinosaurier, der seit Jahren zum Messestand dazugehört. Und in diesem Jahr mit einem blank polierten, freundlichen und geduldigen Gesellen mit großen schwarzen Augen. Der Roboter informiert − logo − über Inhalte aus den Büchern, beherrscht aber auch soziale Interaktion wie Abklatschen oder Fistbump. Was weidlich getestet wurde. Vor allem von Erwachsenen. Interessant, aber auch irgendwie konsequent der Auftritt von Netflix: Die Serie zum Buch wird beworben, was sonst?
Es gibt aber auch Dinge, die sich nicht geändert haben. Seit 2021, dem Neustart nach der Corona-Pandemie, sind die Gänge sehr breit, sodass sich die Fachbesucher fast verlieren. Bei den internationalen Verlagen hingegen ist es wieder recht kuschelig, bunt und laut. Die Gänge sind schmaler, die Decken niedriger, die Stände kleiner und das Stimmengewirr den nationalen Temperamentsunterschieden entsprechend einfach ein anderes. Und schon wirkt die Messe wieder gut besucht.
Dazu trägt auch bei, dass es in diesem Jahr keine leer gebliebenen Stände gibt, die wegen der rot-weißen Absperrbänder teils die Anmutung eines noch nicht wieder freigegebenen Tatorts hatten. Es gibt aber durchaus Freiflächen, die offensichtlich gut noch einen Stand hätten beherbergen können. In manchen Hallen ergibt sich auch der Eindruck, dass mit weißen Abtrennwänden zwischen Hallenwand und äußerster Standreihe das geringere Ausstellerinteresse kaschiert werden soll. Und auch die Veranstaltungen scheinen etwas spärlicher besucht zu sein.