Große Skepsis im Fall Leoni
Große Skepsis wegen Verkauf von Leoni
Werksschließung nach Übernahme durch Luxshare befürchtet
jh München
Die chinesische Luxshare-Gruppe will die Mehrheit des Nürnberger Autozulieferers Leoni übernehmen. Das weckt in der Branche Befürchtungen. Denn der voraussichtlich künftige Eigentümer geht nicht zum ersten Mal hierzulande auf Einkaufstour. 2018 hatte Luxshare von ZF Friedrichshafen das Geschäftsfeld Fahrzeugbediensysteme übernommen mit Hauptsitz in Radolfzell am Bodensee. Anfang 2023 kündigte das in BCS umbenannte Unternehmen an, den Standort in Radolfzell bis Ende 2024 zu schließen. 320 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz.
„Chinesischen Käufern geht es oftmals nicht um Standorte in Deutschland, sondern in erster Linie um Kundenbeziehungen und Kundenverträge und natürlich auch um Know-how“, sagt Stefan Randak der Börsen-Zeitung. Er leitet die Automotive-Sparte von Atreus, einem Anbieter von Interim-Management. „BCS ist ein unschönes Beispiel für solche Vorgehensweisen.“
„Extreme Herausforderung“
„Oftmals bleiben bei solchen Käufen die deutschen Standorte kurz- bis mittelfristig auf der Strecke, da die Produktion hier einfach zu teuer ist“, meint Randak. „Das gilt vor allem für die Energie- und die Arbeitskosten.“ Damit kämpfe die ganze Autobranche. „Es ist eine extreme Herausforderung für Hersteller wie Zulieferer.“
Ein Sprecher von Leoni entgegnet der Skepsis: „Die Zusammenarbeit mit Luxshare ist sehr positiv, und wir erwarten, dass das auch in Zukunft so ist.“ Der Zulieferer, der Bordnetze und Kabel für Autos herstellt, hatte mit einem Sanierungsverfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) eine Insolvenz abgewendet. Der österreichische Unternehmer Stefan Pierer erwarb das verschuldete Unternehmen für 150 Mill. Euro.
Systemrelevanz beansprucht
Luxshare will die Kabelsparte für 320 Mill. Euro übernehmen und für 50,1% an der Leoni AG mit dem Bordnetzegeschäft 205 Mill. Euro zahlen. Leoni beliefert alle großen europäischen Autohersteller. Als einer von nicht einmal zehn bedeutenden Produzenten von Bordnetzen in der Welt hatte der frühere Vorstand Leoni als systemrelevant bezeichnet. Der Konzern beschäftigt knapp 3.000 seiner 95.000 Mitarbeiter in Deutschland.
Der Standort Radolfzell, den Luxshare von ZF übernommen hat und nun schließt, ist der einzige von BCS in Deutschland. Die anderen sind in Ost- und Westeuropa, China und Amerika. Mit einem Eigentümer aus dem Ausland falle der Heimatbonus für deutsche Standorte weg, sagt einer aus der Branche.
Was machen die Partner?
Aus Randaks Sicht ist zudem interessant, wie sich Kooperationspartner von Leoni nach einem Verkauf nach China verhalten werden – etwa der französische Zulieferer Valeo.