KommentarHandelskonflikt der USA mit der EU

Spaniens Stunde hat geschlagen

Spaniens Handelsbeziehungen zu China und den USA sind weniger intensiv als die vieler EU-Länder. Das macht Madrid zu einem ehrlichen Makler.

Spaniens Stunde hat geschlagen

Im Grunde hätte der spanische Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo nicht viel zu befürchten, wenn er am Dienstag den US-Finanzminister Scott Bessent in Washington trifft. Als eines von sehr wenigen europäischen Ländern hat Spanien gegenüber den USA ein Handelsdefizit, von zuletzt 10 Mrd. Euro. Nach dem Wirtschaftsverständnis von US-Präsident Donald Trump müssten also die Amerikaner den Spaniern mehr Autoteile, Rioja-Wein oder kaltgepresstes Olivenöl abkaufen. Doch als Mitglied der Europäischen Union ist Madrid Teil des Blocks und somit Ziel der Strafzölle. In der neu entfachten Krisendiplomatie handelt die Linksregierung in totalem Einklang mit Brüssel, wie Minister Cuerpo versichert.

Das galt auch für die Reise von Ministerpräsident Pedro Sánchez nach Peking letzte Woche. Wie im Fall der USA sind auch die Handelsvolumen Spaniens mit China geringer als die vieler europäischer Nachbarn. Die Regierung ist auch nicht durch starke Partikularinteressen, wie die der Autoindustrie, gebunden. Das könnte Madrid zu einem ehrlichen Makler machen bei den Bemühungen der EU, trotz der sehr unterschiedlichen Einzelinteressen der 27 Mitgliedsstaaten, eine einheitliche Linie in den Verhandlungen mit Donald Trump beizubehalten.

Doch ganz uneigennützig sind die Spanier selbstverständlich nicht. In Madrid hegt man jetzt große Hoffnung, dass der Zollkrieg endlich zum Abschluss des lang ersehnten Handelsabkommens mit den südamerikanischen Staaten des Mercosur führen wird, und zwar noch in diesem Jahr. Daran arbeiten die Spanier mit hoher Intensität, nicht erst seit ihrem Ratsvorsitz der EU im zweiten Halbjahr 2023. In den ehemaligen Kolonien und in Brasilien sind spanische Großkonzerne und Banken seit Jahren in führender Stellung präsent. Bislang wurde der Mercosur-Deal aber vor allem von Frankreich ausgebremst, aus Sorge um die Konkurrenz für die eigene Landwirtschaft. In der neuen Welthandelsordnung dürfen solche Klientel-Aspekte, wenn auch nachvollziehbar, nicht mehr dem Gesamtinteresse Europas im Wege stehen..

Krisendiplomatie

Spaniens Stunde hat geschlagen

Von Thilo Schäfer
BZ+
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