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Neuer CEO Freixe senkt mittelfristigen Ausblick und setzt den Rotstift an

Der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé hat seinen mittelfristigen Ausblick gesenkt. Der neue CEO Laurent Freixe, der seit September im Amt ist, hat zudem die Einsparziele hochgeschraubt, um mit den frei werdenden Mitteln die Werbeausgaben erhöhen zu können.

Neuer CEO Freixe senkt mittelfristigen Ausblick und setzt den Rotstift an

Nestlé senkt mittelfristigen Ausblick

Einsparziel verdreifacht – Werbeausgaben werden erhöht – Aktie auf tiefstem Stand seit 2018

md Frankfurt

Nestlé hat den mittelfristigen Ausblick gesenkt. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern strebt „in einem normalen Geschäftsumfeld“ fortan ein organisches Wachstum von mindestens 4% an, wie das Schweizer Unternehmen auf dem Kapitalmarkttag mitteilte. Künftig soll die bereinigte operative Ergebnismarge mindestens 17% erreichen. Bisher hatte sich der Anbieter von Marken wie Nespresso, Maggi, Kitkat, Beba und Purina ein organisches Plus von 4 bis 6% und eine zugrunde liegende operative Marge von 17,5 bis 18,5% als Ziele gesetzt.

Ziele für 2024 bestätigt

Den Ausblick für das laufende Jahr hat Nestlé bestätigt: Es wird ein Wachstum aus eigener Kraft von etwa 2%, eine bereinigte operative Ergebnismarge von etwa 17% und ein nahezu unverändertes Wachstum des zugrunde liegenden Gewinns je Aktie zu konstanten Wechselkursen erwartet. Zuvor hatte der Konzern allerdings Mitte Oktober ein weiteres Mal die Ziele für 2024 zusammengestrichen, denn die ursprünglichen Erwartungen hatten sich als zu optimistisch erwiesen. Für 2025 wird eine Verbesserung des organischen Umsatzwachstums im Vergleich zu 2024 und ein moderater Rückgang der bereinigten operativen Marge gegenüber dem Ausblick für dieses Jahr vorausgesagt.

CEO Schneider hatte Vertrauen verspielt

Im ersten Halbjahr hatte Nestlé die bisherigen Ziele mit einem Wachstum von 2,1% und einer Marge von 17,4% verfehlt. Investoren und Analysten wurden damit zum wiederholten Mal enttäuscht, was zum Rauswurf von CEO Mark Schneider führte. Mit der Bekanntgabe des Ausscheidens des langjährigen Konzernchefs Ende August wurde Laurent Freixe als sein Nachfolger ausgerufen. Seit 1. September leitet der Franzose anstelle des Deutsch-Amerikaners die Geschicke des Konzerns.

Laurent Freixe (Jahrgang 1962) ist seit 1. September 2024 CEO von Nestlé; der Franzose ist seit 1986 im Konzern tätig. Foto: Nestlé

Keine zwei Monate nach seiner Ernennung gab Freixe erste Maßnahmen bekannt, um Nestlé wieder in die Spur zu bringen. Der Firmenveteran – Freixe arbeitet seit 1986 im Konzern – verschlankte die Geschäftsleitung von 15 auf 13 Mitglieder und krempelte die regionale Aufstellung um. Mit der Reorganisation macht Freixe Änderungen seines Vorgängers teilweise rückgängig, der wegen des mauen Geschäftsverlaufs, des schwachen Kursverlaufs und des schwindenden Vertrauens der Aktionäre in seine Strategie den Hut nehmen musste.

Einige Analysten sind unzufrieden

Analysten zeigten sich in ihren Kommentaren nicht überrascht von der Kürzung der Mittelfristziele. Allerdings gab es einige Häuser wie Jefferies, die die neuen Ziele als „realistisch“ einstuften, während andere wie die kanadische RBC darauf hinwiesen, dass auch die neuen Vorgaben „ambitioniert“ seien und die Konsensschätzung unter 4% und damit noch unter dem gesenkten Ziel für das mittelfristige organische Wachstum liegt. Nach Ansicht von Andreas von Arx von der Baader Bank will Nestlé mit „alten Methoden“ die Argumente für ein Investment in die Aktie verbessern. Es sei aber nicht aktionärsfreundlich, wenn angepasste Margenziele nicht mit Aussagen zu Restrukturierungs- oder Investitionskosten untermauert würden.

Kurs gibt weiter nach

Der Kurs der Nestlé-Aktie gab am Dienstag im Handelsverlauf an der Schweizer Börse um 2,7% auf 76,04 sfr nach. Das war der tiefste Stand seit dem ersten Halbjahr 2018. Allein seit dem Jahreswechsel hat das Papier rund ein Fünftel an Wert eingebüßt. Die Marktkapitalisierung liegt noch bei umgerechnet 212 Mrd. Euro.

Verbraucher achten heute stärker als in früheren Jahren auf ihre Ausgaben. Volkswirte führen das u.a. auf die hohe Inflation aus der Zeit nach Beginn des Ukraine-Krieges zurück, die das Konsumverhalten verändert habe, auf die deutlich gestiegenen Preise für Nestlé-Produkte sowie auf die in vielen Industrieländern herrschende Konjunkturflaute und die große Unsicherheit bezüglich der gesamtwirtschaftlichen wie auch der persönlichen Einkommensentwicklung. Statt zu Produkten von Markenherstellern wie Nestlé wird z.B. vermehrt nach günstigen Eigenmarken der Einzelhändler gegriffen.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir (...) profitables Wachstum erzielen und Marktanteile gewinnen können."

Laurent Freixe, CEO von Nestlé

Nestlé hat jedoch auch hausgemachte Probleme; Beleg dafür ist das Wachstum von Rivalen wie Unilever und Danone, das zuletzt doppelt so stark war wie das der Schweizer. Der neue CEO Freixe will dem Traditionskonzern wieder Schub verleihen. „Wir werden jetzt weiter in unsere Marken und Wachstumsplattformen investieren, damit sich das volle Potenzial unserer Produkte für unsere Konsumenten und Kunden entfalten kann“, erklärte der Nestlé-Chef. Im Gegenzug will der Manager „leistungsschwache Bereiche systematisch angehen“. Der "Aktionsplan wird auch unsere Arbeitsweisen verbessern, um uns effizienter, reaktionsfähiger und agiler zu machen.“ Und weiter: „Ich bin zuversichtlich, dass wir (...) profitables Wachstum erzielen und Marktanteile gewinnen können.“

Von 1,2 Mrd. auf rund 3,7 Mrd. sfr

Nestlé werde die Investitionen in Werbe- und Marketingaktivitäten bis Ende 2025 auf 9% des Umsatzes von zuletzt rund 8% erhöhen, um mehr verkaufen zu können. Die dafür erforderlichen Mittel sollen durch Kosteneinsparungen und Wachstumsimpulse generiert werden. Über die schon laufenden Programme hinaus, die ein Volumen von 1,2 Mrd. sfr haben, strebt Nestlé bis Ende 2027 mindestens 2,5 Mrd. sfr an zusätzlichen Einsparungen an. Darüber hinaus soll die digitale Transformation u.a. durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz beschleunigt werden.

Als Teil des Plans zur Steigerung der operativen Leistung werden die Aktivitäten von Nestlé im Segment Wasserprodukte (u.a. Vittel, San Pellegrino) und Premiumgetränke vom 1. Januar 2025 an als eigenständiger globaler Geschäftsbereich geführt. Dieser werde von Muriel Lienau, Head of Nestlé Waters Europe, geführt. Das neue Management werde Strategien evaluieren; dies beinhalte die Erkundung möglicher Partnerschaften.

Wettbewerber im Überblick

Zu den Wettbewerbern von Nestlé im Nahrungsmittel- und Getränkesegment gehören u.a. Unilever, Coca-Cola und Pepsico. Im Süßwarenbereich konkurrieren die Schweizer z.B. mit Mars, Mondelez International, Ferrero und Hershey. Rivalen bei Milchprodukten und Artikeln im Kühlregal – etwa Joghurt – sind Danone, Lactalis und Yili. Auf dem Kaffeemarkt muss sich Nestlé auch mit Starbucks, Lavazza und JM Smucker auseinandersetzen.

Der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé hat seinen mittelfristigen Ausblick gesenkt. Der neue CEO Laurent Freixe, seit September im Amt, hat zudem die Einsparziele hochgeschraubt, um mit den frei werdenden Mitteln die Werbeausgaben erhöhen zu können. Der Aktienkurs fiel auf ein Sechseinhalb-Jahres-Tief.

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