Amazon enttäuscht – Online-Shopping-Boom flaut ab
Der weltgrößte Online-Händler Amazon rechnet nach Rekorderlösen in der Corona-Krise mit einem Nachlassen des Shopping-Booms im Internet. Die Aktie geriet nachbörslich zeitweise mit mehr als 7% ins Minus. Kein optimaler Einstand für den neuen Vorstandschef Andy Jassy, der das Spitzenamt Anfang des Monats erst von Konzerngründer Jeff Bezos übernommen hat.
Im abgelaufenen 2. Quartal profitierte Amazon zwar weiter vom Trend zum Einkauf im Internet und florierenden Cloud-Diensten, verfehlte die hohen Markterwartungen aber dennoch. In den drei Monaten bis Ende Juni steigerte der Konzern den Nettogewinn im Jahresvergleich um 50% auf 7,8 Mrd. Dollar (6,6 Mrd. Euro). Die Erlöse wuchsen um 27% auf 113,1 Mrd. Dollar und knackten im 3. Quartal in Folge die 100-Milliarden-Marke. Im Heimatmarkt Nordamerika lag das Wachstum aber „nur“ bei 22%.
Messlatte für Amazon liegt hoch
Angesichts der ohnehin schon hohen US-Verbraucherausgaben und der diesmal ins 2. Quartal vorgezogenen Rabattschlacht „Prime Day“ hatten Analysten mit besseren Geschäften gerechnet. Für Enttäuschung sorgte aber besonders die Prognose für das laufende Vierteljahr. Der Konzern stellte Erlöse von bis zu 112 Mrd. Dollar in Aussicht, was einer deutlichen Abschwächung des Wachstums auf maximal 16% entspricht – für Amazons Verhältnisse bescheiden. Finanzchef Brian Olsavsky betonte in einer Konferenzschalte, dass die Messlatte durch die starken Ergebnisse im Vorjahr besonders hoch liege.
Angesichts zunehmender Corona-Impfungen dürften die Leute laut Olsavsky auch wieder stärker im klassischen Einzelhandel einkaufen gehen – wenngleich die grassierende Delta-Variante des Virus inzwischen wieder für neue Ungewissheit sorgt. Amazons Investoren müssen sich jedenfalls auf Abstriche einstellen. Allerdings wies die Bilanz auch einige große Stärken auf. So erhöhte Amazons – wegen ihrer hohen Gewinnspannen äußerst lukrative – Cloud-Plattform AWS, die vielen Unternehmen und Apps IT-Dienste und Speicherplatz im Netz bietet, die Erlöse um kräftige 37% auf 14,8 Mrd. Dollar.
Geschäft mit Online-Werbung wächst kräftig
Zudem entwickelt sich das Geschäft mit Online-Werbung zu einer immer wichtigeren Ertragsstütze. Die Sparte, in der die entsprechenden Einnahmen ausgewiesen werden, steigerte den Umsatz im jüngsten Quartal um 87% auf 7,9 Mrd. Dollar. Es war das letzte volle Vierteljahr, in dem Konzerngründer Jeff Bezos als Vorstandschef die Geschäfte führte. Am 5. Juli reichte der Top-Manager das Zepter an Jassy weiter, der zuvor für die Cloud-Dienste verantwortlich war. Als Vorsitzender des Verwaltungsrats dürfte der Einfluss von Bezos im Konzern allerdings auch in Zukunft weiterhin groß bleiben.