Fieberhafte Suche nach Kompromiss
Im internationalen Streit über die Freigabe von Impfstoffpatenten läuft die Suche nach einem Kompromiss auf Hochtouren. Die Chefin der Welthandelsorganisation (WTO), Ngozi Okonjo-Iweala, drängte am Donnerstag bei einem Besuch in Brüssel zur Eile und schlug ein Drei-Punkte-Paket vor.
Dazu zählte sie den Abbau von Exportbeschränkungen und -verboten, die Ausweitung des weltweiten Produktionsnetzwerkes auf Länder mit entsprechenden Kapazitäten wie Indonesien, Thailand und Südafrika, sowie einen Transfer von Technologie und Know-how vonseiten der Impfstoffhersteller. Nötig sei ein umfassender Ansatz. „Andernfalls werden wir die Produktion von Impfstoffen nicht erhöhen können“, sagte die WTO-Generalsekretärin vor den Abgeordneten des Handelsausschusses im EU-Parlament.
Strittig ist vor allem der dritte Punkt. Die Bundesregierung und die Spitzen der EU-Kommission haben sich gegen einen Vorstoß der USA ausgesprochen, für die Dauer der Pandemie den Patentschutz für Impfstoffe gegen das Coronavirus aufzuheben. Stattdessen brachte der für Handel zuständige Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Valdis Dombrovskis, Zwangslizenzen ins Spiel.
Damit können Regierungen die Produktion eines patentierten Produkts durch Dritte ohne die Genehmigung des Patentbesitzers erlauben. Statt einer Aufgabe des Patentschutzes werden dann Entschädigungen an die Impfstoffentwickler fällig. Okonjo-Iweala zeigte sich zuversichtlich, „dass wir eine Vereinbarung für mehr Flexibilität ausarbeiten und gleichzeitig Forschung und Innovation schützen können“. Sie erwartet, dass die Befürworter einer Patentfreigabe bis spätestens Ende Juni einen Kompromissvorschlag vorlegen.