Toshiba-Aktionäre feuern Chairman Osamu Nagayama
Die Aktionäre von Toshiba haben in einem historischen Votum Osamu Nagayama als Vorsitzenden des Verwaltungsrates abgewählt. Der 74-Jährige stand dem Rat seit elf Monaten vor, zudem leitete er das Nominierungskomitee. Damit reagierten die Aktionäre vordergründig auf einen Untersuchungsbericht von drei unabhängigen Anwälten, wonach die Hauptversammlung 2020 „nicht fair gemanagt“ worden sei. Führende Toshiba-Manager hätten mit dem Industrie- und Wirtschaftsministerium METI gekungelt, um den Einfluss von ausländischen Aktionären zu begrenzen. Als Mittel diente ihnen ein Gesetz für Unternehmen, die im Bereich der nationalen Sicherheit tätig sind. Aber wegen dieser Umstände entwickelte sich die Krise auch zu einem Testfall für die Modernisierung der Corporate Governance in Japan. Das Vorgehen der Toshiba-Führung wirkte wie ein Rückfall in die Zeiten, als sich Japans Top-Manager nicht um die Interessen der Aktionäre scherten.
Dennoch kam die Abwahl des Chairman nicht unerwartet: Mehrere institutionelle Investoren hatten angedeutet, gegen seinen Verbleib an der Konzernspitze zu stimmen. Nach der Veröffentlichung des Berichts kritisierte der japanisch geführte Hedgefonds Effissimo Capital aus Singapur, mit 9,9 % der Anteile der größte Aktionär, den Verwaltungsrat als „ineffektiv“. Der Staatsfonds von Norwegen, das Florida State Board of Administration sowie Calvert and British Columbia Investment erklärten öffentlich, gegen Nagayama zu stimmen. Auch die Aktionärsberater ISS und Glass Lewis bliesen in dieses Horn.
Eigentlich genießt der Manager einen ausgezeichneten Ruf. Binnen zwei Jahrzehnten machte er den Pharmahersteller Chugai, eine Roche-Tochter, zur Branchengröße. Im März 2020 erhielt er daher den Ehrenvorsitz von Chugai. Von 2013 bis 2019 gehörte er als unabhängiger Direktor der Führung von Sony an. Ende Juli 2020 zog Nagayama in den Toshiba-Verwaltungsrat ein und übernahm den Vorsitz. Der Untersuchungsbericht erhob gegen ihn persönlich keine Vorwürfe. Doch das Ergebnis der internen Untersuchung, wonach angeblich kein Druck auf Aktionäre ausgeübt worden sei, wurde unter seiner Führung veröffentlicht.
Nach dem gegenteiligen Ergebnis der unabhängigen Prüfung setzte Nagayama vor zwei Wochen lediglich zwei Rechnungsprüfer ab, zwei Direktoren traten zurück. Doch an seinem eigenen Posten hielt er fest: „Man kann Verantwortung übernehmen oder erfüllen, ich möchte mich auf letzteres konzentrieren“, sagte er. Vor der Hauptversammlung beteuerte er in einem offenen Brief an die Anteilseigner, er stehe für einen positiven Wandel und verteidige nicht den Status Quo. Statt einer Reform des Verwaltungsrates brauche das Unternehmen einen raschen Wiederaufbau. Auf dem fast dreistündigen Aktionärstreffen stellte sich CEO Satoshi Tsunakawa (65) hinter Nagayama. Doch die Mehrheit der Anteilseigner war anderer Meinung. Daher lehnte sie auch den 70-jährigen Rechnungsprüfer Nobuyuki Kobayashi ab, der laut dem Prüfbericht an den Manipulationen ebenfalls beteiligt war. Der zweitgrößte Aktionär 3D Investment Partners begrüßte die Voten als Beginn einer neuen Ära. Übergangsweise wird nun Tsunakawa dem Verwaltungsrat vorstehen.