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Afroamerikanerin wird Adidas-Marketingchefin

Von Norbert Kuls, New York Börsen-Zeitung, 14.11.2020 Adidas macht Ernst mit größerer Vielfalt auf der Führungsebene. Mit Vicky Free wird ab Januar erstmals eine Afroamerikanerin das globale Marketing des deutschen Sportartikelherstellers...

Afroamerikanerin wird Adidas-Marketingchefin

Von Norbert Kuls, New YorkAdidas macht Ernst mit größerer Vielfalt auf der Führungsebene. Mit Vicky Free wird ab Januar erstmals eine Afroamerikanerin das globale Marketing des deutschen Sportartikelherstellers verantworten. Free, die bei mehreren großen US-Verbraucherkonzernen wie McDonald’s und Walt Disney Karriere gemacht hatte, wird damit zur höchstrangigen schwarzen Managerin bei Adidas. Free wird laut einer Mitteilung des Unternehmens direkt an den Markenvorstand Brian Grevy berichten und folgt auf den Franzosen Jocelyn Robiot, der als Vorstandschef zum Berliner Start-up Betterguards Technology gewechselt war.Adidas reagiert mit dieser Personalie erneut auf die Kritik afroamerikanischer Mitarbeiter in der US-Hauptverwaltung in Portland. Angesichts landesweiter Black-Lives-Matter-Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch Polizeigewalt hatten im Juni rund 200 schwarze Mitarbeiter von Adidas gegen eine mangelnde Präsenz im Unternehmen und schlechte Karrierechancen demonstriert. Ausgelöst wurden die Proteste von einer öffentlichen Stellungnahme des Konzerns gegen Rassismus, was bei den Mitarbeitern angesichts schwelender Kritik an internen Missständen aber als unaufrichtig ankam. Nach mehrtägigen Protesten versprach Adidas in Nordamerika in einem ersten Schritt 30 % aller offenen Stellen mit Afroamerikanern und Latinos zu besetzen.Für Adidas ist das Thema besonders relevant, weil der Konzern mit seiner Werbung stark auf afroamerikanische Sportler und Musiker setzt. Schon in den 1980er Jahren machte die Rap-Gruppe Run-DMC mit dem Song “My Adidas” Turnschuhe aus Herzogenaurach zu einer kulturellen Ikone in den amerikanischen Schwarzenvierteln. “Schwarze Jugendliche sind in Nordamerika unsere wichtigste Zielgruppe”, sagte ein afroamerikanischer Adidas-Designer im Juni der Börsen-Zeitung. Sie seien Modetrendsetter für die weißen Jugendlichen in den Vororten – und damit auch global. Adidas kooperiert aktuell auch mit Beyoncé bei ihrer Mode- und Schuhkollektion Ivy Park. Die Sängerin ist für ihre stolze und kompromisslose Identität als Afroamerikanerin bekannt.Adidas hat seit den Protesten die versprochenen Maßnahmen gegen Diskriminierung im Unternehmen unter anderem mit internen Seminaren gestärkt. Dazu wird der afroamerikanische Feiertag “Juneteenth” für die US-Mitarbeiter von Adidas und der Tochtergesellschaft Reebok bezahlter Feiertag. Einer der Initiatoren dieser amerikaweiten Kampagne ist der afroamerikanische Sänger Pharrell Willams, ebenfalls ein Kooperationspartner von Adidas.Angesichts dieser Aktionen mutet es einigermaßen kurios an, dass Adidas in der aktuellen Mitteilung mit keinem Wort erwähnt, dass die neue Marketingchefin Afroamerikanerin ist. Der Konzern gab zwar bekannt, dass Vicky Free, die einen MBA-Abschluss der renommierten Managerschmiede Kellogg von der Northwestern University besitzt, über “mehr als 20 Jahre Erfahrung” in der Leitung von Marketing-Teams bei großen globalen Marken wie Walt Disney, McDonald’s, Time Warner und Viacom verfügt. Adidas verschwieg aber, dass Free beim US-Medienkonzern Viacom das Marketing für den afroamerikanischen Sender BET (Black Entertainment Television) geleitet hatte – damit also besondere Erfahrung und Expertise im Marketing für schwarze Verbraucher im wichtigen US-Markt mitbringt.Free fängt im Januar gemeinsam mit der neuen Personalchefin Amanda Rajkumar in Herzogenaurach an. Die Britin mit Amerikaerfahrung folgt auf ihre Landsfrau Karen Parkin, die Proteste gegen Rassismus in den USA intern als “Lärm” heruntergespielt hatte. Ende August hatte zudem der globale Kreativchef Paul Gaudio Adidas verlassen, nachdem er einen weißen Jugendlichen, der bei Black-Lives-Matter-Protesten zwei Demonstranten erschossen hatte, auch als “Opfer” bezeichnet hatte. Das hatte intern zu einem Aufruhr geführt, sagten Mitarbeiter. Adidas wollte das nicht kommentieren.