Nachfolger von Charles Li

Aguzin soll künftig die Hongkonger Börse führen

Die knifflige Suche nach einem geeigneten Nachfolger für den langjährigen Chef der Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEX), Charles Li, hat ein Ende. Wie der Hongkonger Börsenbetreiber am Dienstag mitteilte, hat man sich für Nicolas Aguzin (52), bis...

Aguzin soll künftig die Hongkonger Börse führen

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Die knifflige Suche nach einem geeigneten Nachfolger für den langjährigen Chef der Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEX), Charles Li, hat ein Ende. Wie der Hongkonger Börsenbetreiber am Dienstag mitteilte, hat man sich für Nicolas Aguzin (52), bis kürzlich Leiter des internationalen Private-Banking-Geschäfts von J.P. Morgan Chase & Co., entschieden. Sofern Hongkongs strenge Wertpapieraufsicht Securities and Futures Commission ihr Plazet gibt, wird Aguzin mit Wirkung zum 24. Mai Li ablösen und dann eine dreijährige Amtsperiode bei dem nach Marktkapitalisierung weltweit wertvollsten Börsenbetreiber antreten.

Am Hongkonger Finanzplatz reibt man sich verwundert die Augen. Aguzin, einen gebürtigen Argentinier, hatte nun wahrlich niemand auf dem Zettel. Vielmehr war man davon ausgegangen, dass die Wahl auf einen waschechten Hongkonger Finanzprofi oder erneut einen Festlandchinesen wie Li fallen würde. Schließlich werden die finanziellen Geschicke der Hongkonger Börse immer deutlicher vom Zulauf chinesischer Firmen für Initial Public Offerings (IPO) in Hongkong bestimmt. Zudem hängen die Umdrehungen im Aktienhandel an der HKEX immer mehr vom Kapitalzustrom der festlandchinesischen Anleger ab, die über das Stock-Connect-System Hongkong-Aktien via die Börsen in Schanghai und Shenzhen handeln.

Und dann ist da noch die Chose mit der abrupten Abschaffung von Hongkongs politischen Freiheiten durch das im Juli 2020 eingeführte chinesische Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone. Man ging davon aus, dass Hongkongs neuer Börsenchef zwangsläufig chinesische Wurzeln aufweisen muss, um in Peking nicht anzuecken. Es gibt allerdings auch Stimmen, die in Aguzin, gerade weil er Ausländer ist, einen geeigneten Kompromisskandidaten sehen. Er könnte nämlich bei der vom Sicherheitsgesetz angenagten internationalen Community in Hongkong Vertrauen schaffen und Globalisierungsbestrebungen der HKEX unterstreichen. Überdies ist Aguzin als früherer Asien-Pazifik-Chef von J.P. Morgan mit Hongkong bestens vertraut.

Freilich spielt auch seine Nationalität eine Rolle. Während Peking im gegenwärtigen politischen Klima garantiert verhindert hätte, dass ein Amerikaner, Australier oder Engländer die Geschäftslinie der HKEX bestimmt, macht Aguzins argentinische Herkunft ihn einigermaßen unverdächtig. Vielleicht kann sein internationaler Background und Banker-Netzwerk sogar dazu beitragen, Hongkongs IPO-Geschäft zu diversifizieren und auch Listing-Kandidaten außerhalb Chinas anziehen helfen.

Was schließlich die diplomatische Flanke und Beziehungspflege mit Peking angeht, gibt es zum Glück noch die tüchtige Hongkongerin Laura Cha in der Rolle der HKEX-Chairwoman. Die frühere Vizechefin der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde CSRC ist sicherlich bestens geeignet, um diplomatische Klippen zu umschiffen.