Air France-KLM formiert die Führungsspitze
Von Gesche Wüpper, Paris
Die Entscheidung wäre erst in ein paar Monaten fällig gewesen. Doch der Verwaltungsrat von Air France-KLM hat sie vorgezogen, um Investoren mit Blick auf eine erwartete neue Kapitalerhöhung mehr Sichtbarkeit zu geben. Er hat deshalb das Mandat von Konzernchef Benjamin Smith vorzeitig um fünf Jahre bis 2027 verlängert. Der 50-Jährige Kanadier hatte 2018 als erster Nichtfranzose das Ruder von Air France-KLM übernommen.
Die Verlängerung seines Mandats ist nicht die einzige wichtige Personalentscheidung, die die französisch-niederländischen Gruppe jetzt getroffen hat. Denn sie hat nun auch Marjan Rintel an die Spitze von KLM berufen, wo sie am 1. Juli die Nachfolge von Pieter Elbers antreten soll. Die 55-Jährige, die seit Oktober 2020 die niederländische Bahngesellschaft Nederlandse Spoorwegen leitet, erwartet keine leichte Aufgabe.
Denn die Nachricht, dass die Amtszeit von Elbers als Chef von KLM nicht verlängert wird, hatte in den Niederlanden vor allem bei der Belegschaft einen Schock ausgelöst. Sie hatte sogar eine Online-Unterschriftensammlung für seinen Verbleib lanciert. Zwischen Elbers und Smith soll es Spannungen gegeben haben, seit der frühere Chief Operating Officer von Air Canada 2018 Chef von Air France-KLM wurde. Ursprünglich hatte es geheißen, Elbers werde KLM spätestens im Mai nächsten Jahres verlassen.
Um seine Nachfolge hatte sich auch Pieter Bootsma beworben. Der Chief Revenue Officer von Air France-KLM soll der Favorit des Betriebsrates von KLM gewesen sein. Niederländische Gewerkschaftsvertreter sind nun unzufrieden, nicht mit in den Entscheidungsprozess eingebunden worden zu sein. Einige sollen sogar drohen, juristisch dagegen anzugehen.
Rintels Kandidatur wurde dagegen nicht nur von Konzernchef Smith, sondern auch von der niederländischen Regierung, allen voran von Finanzministerin Sigrid Kaag, unterstützt. Genau wie Bootsma kennt sie KLM gut, denn sie hat fast 15 Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen für die Airline und den Mutterkonzern gearbeitet, bevor sie Ende 2014 zur niederländischen Bahn wechselte.
Diplomatie gefragt
Wie Air-France-Chefin Anne Rigail gilt Rintel sowohl als kompetent als auch als diplomatisch. Diese Eigenschaften wird sie nun dringend brauchen, um die internen Spannungen zu besänftigen, während KLM weiter Kosten sparen muss. Zudem möchte ein Teil der niederländischen rot-grünen Regierungskoalition neue Abgaben auf Flugtickets durchsetzen, bevor sie zusagt, die anvisierte Kapitalerhöhung von Air France-KLM zu unterstützen.
Die Gruppe hatte im Februar weitere Rekapitalisierungsmaßnahmen von bis zu 4 Mrd. Euro angekündigt. Dazu soll neben einer Kapitalerhöhung die Ausgabe von Anleihen ohne Laufzeitbegrenzung oder von Quasi-Eigenkapital gehören. Der Konzern, der am 5. Mai Quartalsergebnisse veröffentlicht, hatte bereits im April letzten Jahres eine Kapitalerhöhung über 1,04 Mrd. Euro durchgeführt und von Frankreich gewährte Kredite über 3 Mrd. Euro in unbefristete hybride Wertpapiere umgewandelt.
Die beiden Personalentscheidungen des Verwaltungsrates stabilisierten die Führung der Gruppe in einem für sie historischen Schlüsselmoment, sagte Anne-Marie Couderc, die Vorsitzende des Kontrollgremiums von Air France-KLM. „Benjamin Smith hat sein uneingeschränktes Engagement und Professionalität in den letzten dreieinhalb Jahren unter Beweis gestellt, was eine bedingungslose Unterstützung seiner Verlängerung an der Spitze der Gruppe für fünf weitere Jahre rechtfertigt.“