Guillaume Faury

Airbus-Chef besteht Nagelprobe

Es war eine nüchterne Feststellung, ohne dramatische Worte und Superlative. Und doch lassen sie klar erkennen, wie Guillaume Faury die letzten zwölf Monate erlebt hat. „Was für ein Jahr“, sagte er bei der Vorstellung der Bilanz 2020 von Airbus. „Ich...

Airbus-Chef besteht Nagelprobe

Von Gesche Wüpper, Paris

Es war eine nüchterne Feststellung, ohne dramatische Worte und Superlative. Und doch lassen sie klar erkennen, wie Guillaume Faury die letzten zwölf Monate erlebt hat. „Was für ein Jahr“, sagte er bei der Vorstellung der Bilanz 2020 von Airbus. „Ich bin froh, dass es vorbei ist.“ Faury hatte sich sein erstes volles Amtsjahr an der Spitze des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns sicher anders vorgestellt, als er im April 2019 das Ruder von Tom Enders übernahm. Er sei noch etwas unbedarft, urteilten einige Beobachter damals. Denn ursprünglich hatte der frühere Chef der Hubschraubersparte nicht zu dem Kreis der Kandidaten gezählt, die als Favoriten für die Nachfolge von Enders gehandelt wurden.

Karten neu gemischt

Doch dann wurden die Karten durch die von Frankreich und Großbritannien eingeleiteten Korruptionsermittlungen neu gemischt. Um seinen Willen zu demonstrieren, mit der Vergangenheit abzuschließen und mit den Behörden zu kooperieren, räumte Airbus in seinen Führungsetagen auf. Es sei frisches Blut nötig gewesen, sagt Denis Ranque, der damalige Chef des Verwaltungsrates. Faury habe seine Ernennung einer Verkettung von Zufällen zu verdanken, unken deshalb einige Vertreter der alten Airbus-Garde.

Spätestens im vergangenen Jahr hat Faury jedoch bewiesen, dass er sich messen lassen kann. Denn der Absolvent der renommierten Ingenieurshochschule École Polytechnique und der École Nationale Supérieure de l’Aéronautique, der Montag 53 Jahre alt wird, hat Airbus mit ruhiger Hand durch den schwersten Sturm gesteuert, dem die Branche je ausgesetzt war. Noch sei dieser jedoch nicht überstanden, mahnt Faury nun. „Wir müssen bescheiden und wachsam bleiben.“ Denn die neuen Mutationen und neue Reisebeschränkungen seien gerade dabei, die Situation kurzfristig sogar zu verschlechtern.

Der Airbus-Chef, der in seiner Freizeit an Trails teilnimmt, reist noch immer unter Berücksichtigung der strengen Vorschriften, um Standorte zu besuchen und Kunden zu treffen, derzeit aber vor allem in Europa. Die meiste Zeit verbringt er in seinem Büro in Toulouse, doch auch in Paris ist er regelmäßig, genau wie in Berlin.

Bei seinen Besuchen dort dürfte auch das milliardenschwere deutsch-französische Rüstungsprojekt FCAS (Future Combat Air System) auf dem Programm stehen, an dem inzwischen auch Spanien beteiligt ist. Hinter den Kulissen soll es Streit über die Aufgabenverteilung geben. Statt ungeduldig zu reagieren und Ultimaten zu setzen, gibt sich Faury diplomatisch. Es sei nicht überraschend, dass es ein schwieriger Augenblick sei, um die Verhandlungen abzuschließen, antwortet er auf Fragen zu den Problemen. Er sei aber zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde.

Airbus und Dassault Aviation sind federführend bei dem Projekt. Die Beziehungen der beiden Konzerne galten lange als schwierig, doch mit seiner ruhigen, bescheidenen Art habe Faury auch Dassault überzeugt, heißt es in Paris. Er sei solide, kompetent und genau der richtige Mann, um Airbus durch den Sturm zu steuern, sagte Dassault-Chef Eric Trappier dem Magazin „Challenges“. Faury dürfte Trappier an der Spitze des französischen Branchenverbandes Gifas ablösen, wenn dessen Mandat im Sommer endet.