Alessandro verlässt Benetton-Board
Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandDer 50-jährige Finanzexperte Alessandro Benetton, Sohn des Unternehmensgründers Luciano Benetton, ist am Wochenende vom Board der Benetton Group zurückgetreten, nachdem er bereits 2014 als Präsident des Modeunternehmens das Handtuch geworfen hatte. Grund für den letzten Schritt sind angeblich Meinungsverschiedenheiten in der Familie gewesen.Während Alessandro für einen Relaunch der Marke Benetton eintrat und damit gleicher Ansicht wie sein Vater war, wollte Gilberto Benetton, jüngerer Bruder von Luciano und dem Vernehmen nach das Finanzgenie der Familie, eine komplette Umwandlung des Konzerns. Ab Januar wird eine neue Führungsspitze die Familien-Dachholding Edizione leiten, die nicht nur Benetton Group, sondern unter anderem auch Autostrade, Autogrill und die Flughafen-Betreibergesellschaft AdR kontrolliert. Der ehemalige Telecom-Italia-Manager Marco Patuelli und der neu ernannte Präsident Fabio Cerchiai vertreten die Ansicht, dass die Gruppe umgebaut werden muss. Der Modegesellschaft Benetton Group soll dabei künftig weniger Bedeutung zukommen: Das Unternehmen wurde vor kurzem in die Geschäftsbereiche Produktion, Immobilien und Vertrieb gespalten. Posten bleibt offenAngeblich hat der Rücktritt Alessandros die Spannungen in der Familie weiter verschärft. Vorerst soll kein Familienmitglied den Posten Alessandros übernehmen. Die Zukunft des Familienkonzerns mit den zur Verfügung stehenden 1,5 Mrd. Euro liquiden Mitteln erscheint mehr als ungewiss.Alessandro Benetton hat derweil auch eigenständig Erfolg mit dem Private-Equity-Unternehmen 21 Investimenti. Die von ihm 1992 gegründete Gesellschaft agiert als PE-Fonds mit derzeit rund 1 Mrd. Euro verwaltetem Vermögen und hat inzwischen europäische Dimension mit Zweigstellen in Treviso, Mailand, Paris, Genf und Warschau. Alessandro hatte nie die Absicht gehabt, das Erbe seines Vaters zu übernehmen, sondern wollte mit seinem eigenen Unternehmen punkten. “Erbe sein ist nicht mein Business”, befand er schon vor Jahren.Beim Modekonzern der Familie hatte er derweil nie richtig Fuß gefasst. Als Präsident der Formel-1-Abteilung “Benetton Formula 1” konnte er von 1988 bis 1998 zwar auf sportliche Erfolge zurückblicken: Mit Michael Schumacher errang Sponsor Benetton zwei Weltmeisterschaften (1994 und 1995). Doch wirtschaftlich erwies sich Benettons Formel-1-Engagement als Desaster und wurde dann auch wieder eingestampft. Als Präsident von Benetton Group in den Jahren 2012 bis 2014 hat sich Alessandro ebenfalls keinen Lorbeer verdient. Das Modeunternehmen verlor weiter an Wettbewerbsfähigkeit, musste empfindliche Umsatzeinbußen hinnehmen und rutschte nachhaltig in die roten Zahlen. 2015 machte der Verlust 70 Mill. Euro bei einem Umsatz von 1,2 Mrd. Euro aus.Der 1966 geborene Alessandro Benetton hat nach einem Bachelor an der University of Boston (1988) seinen Master of Business Administration (MBA) in Harvard absolviert (1991). Zwei Jahre lang arbeitete Alessandro bei Goldman Sachs in London und war dort als Analyst in der M & A-Abteilung tätig. Dort lernte er auch das Handwerk für sein künftiges Private-Equity-Unternehmen 21 Investimenti. Er sitzt unter anderem im Beratungskomitee von Robert Bosch Internationale Beteiligungen AG.Privat sieht sich Alessandro Benetton vor allem als Sportler. Der passionierte Skifahrer hat sich zwar nie persönlich auf höchstem Niveau gemessen, ist jedoch Trainer im italienischen Wintersportteam. In den neunziger Jahren begleitete er das italienische Weltcup-Skiteam zu den wichtigsten Wettbewerben. Er ist verheiratet mit Deborah Compagnoni, der mehrfachen Weltmeisterin und Olympiasiegerin im alpinen Skilauf. Mit den drei gemeinsamen Kindern sehe man Alessandro häufiger auf den Abfahrtpisten der italienischen Alpen als in seinen Büroräumen, bestätigen seine Freunde. Nach seinem Board-Rücktritt hat der leidenschaftliche Kite-Surfer und begeisterte Sammler moderner Kunst dafür nun noch mehr Zeit.