Andersson Favoritin für Löfven-Nachfolge
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Sie ist die erste Frau an der Spitze des Lenkungsgremiums beim Internationalen Währungsfonds (IWF), und noch in diesem Jahr könnte sie die erste Frau an der Spitze einer Regierung in Schweden sein: Finanzministerin Magdalena Andersson gilt als Favoritin für die Nachfolge von Ministerpräsident Stefan Löfven. Der Sozialdemokrat hatte am Sonntag überraschend angekündigt, beim Parteitag im November vom Parteivorsitz zurückzutreten und anschließend auch den Posten des Ministerpräsidenten abgeben zu wollen.
Im Juli hatte Löfven eine Regierungskrise überstanden, die zu seinem Rücktritt und seiner Wiederwahl führte. Aufgrund der knappen Mehrheitsverhältnisse in einem zersplitterten Parlament aus acht Parteien ist unsicher, ob die von Löfven geführte rot-grüne Minderheitsregierung im Herbst ihren Haushalt durchs Parlament bekommen wird. Die politisch verfahrene Lage in dem ansonsten als stabil und fiskalisch solide geltenden Land zieht inzwischen auch vereinzelt die Aufmerksamkeit der Finanzmärkte auf sich.
Sparsame Finanzministerin
Auf Andersson wartet also eine schwierige Aufgabe, sollte sie im Winter tatsächlich Löfven beerben. Beobachter wie der Politikwissenschaftler Ulf Bjereld geben sich überzeugt, dass Andersson beim Parteitag Anfang November den ersten Zugriff auf die Führung der Sozialdemokraten hat. Auch in den schwedischen Medien gilt sie als erste Anwärterin. In ihrer bald siebenjährigen Amtszeit als Finanzministerin hat sie sich den Ruf einer Fiskalkonservativen erarbeitet. Ihr obsessiver Sparkurs drückte angesichts von Überschüssen die Staatsschulden, brachte ihr aber auch Kritik von Ökonomen ein.
Vor ihrer Zeit als Ministerin machte Andersson nicht nur in der schwedischen Politik Karriere, wo sie stellvertretende Generaldirektorin der Steuerbehörde war und mehrere Regierungsposten innehatte. Sie blickt auch auf mehrere Stationen bei internationalen Förderbanken zurück. Unter anderem saß sie in den Boards der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Europäischen Investitionsbank (EIB). Auch für die Weltbank arbeitete die Schwedin. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Andersson liegt neben Finanzthemen die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Finanzen am Herzen, wie sie im Rahmen ihrer im Frühjahr angetretenen Rolle beim IWF betonte. Eine Ausnahmeerscheinung wäre sie in Skandinavien freilich nicht: Von den fünf nordischen Ländern ist Schweden das einzige, das zurzeit nicht von einer Frau regiert wird. Die nächsten regulären Parlamentswahlen in Schweden sind für den Herbst 2022 anberaumt. Sollte es demnächst im Riksdag aber keine Mehrheit für den Haushalt der Regierung geben, sind schon vorher Neuwahlen denkbar.