Deutsche Bank

Anshu Jain im Alter von 59 Jahren verstorben

Anshu Jain ist im Alter von 59 Jahren gestorben. Gestartet bei der Deutschen Bank in London im Investmentbanking stieg er 2012 im Konzern bis ganz oben und wurde 2012 Co-Vorsitzender.

Anshu Jain im Alter von 59 Jahren verstorben

wbr

Anshu Jain ist im Alter von 59 Jahren gestorben. Gestartet bei der Deutschen Bank in London als Ertragsbringer im Investment Banking, stieg er 2012 im Konzern bis ganz oben auf und wurde 2012 zusammen mit Jürgen Fitschen Co-Vorsitzender. Der Absturz kam drei Jahre später, nachdem ihm die großen Anteilseigner 2015 auf der Hauptversammlung das Vertrauen entzogen hatten.

An seiner Person schieden sich seit jeher die Geister: Für die einen war er Hoffnungsträger für eine selbstbewusst und ambitioniert im internationalen Wettbewerb der Finanzkonzerne agierende Deutsche Bank. Für die anderen war er Repräsentant einer sich überschätzenden Gilde von Investmentbankern, die der Deutschen Bank durch mangelndes Kostenbewusstsein und vielerlei Skandale milliardenschwere Altlasten aufbürdeten.

Anshu Jain, Brite mit indischer Herkunft, heuerte nach seinem Studium in Indien und den USA in den 80ern in Boston bei der Investmentbank Kidder, Peabody & Co. an, bevor er zu Merrill Lynch wechselte. Von dort aus folgte er 1995 seinem erfahrenen, zehn Jahre älteren Kollegen Edson Mitchell zur Deutschen Bank, wo Mitchell wenige Jahre später in den Konzernvorstand aufrückte. Sein Mentor Mitchell kam Ende 2000 durch den Absturz seines Privatflugzeugs ums Leben. Jain sorgte in den Jahren durch geschickte Transaktionen vor allem im Zinsgeschäft für bedeutende Erlöse, was ihm immer stärkere Aufmerksamkeit in der Frankfurter Zentrale bescherte. 2009 wurde er in den Vorstand berufen, 2012 übernahm er die Führungsrolle.

Das Tandem Jain und Fitschen symbolisierte quasi das Nebeneinander von globaler Ambition und solider Verankerung auf dem Heimatmarkt – eine spannungsgeladene Kombination. Argwöhnisch wurde auch die angelsächsisch geprägte Kultur des Englisch sprechenden Investmentbankers betrachtet.

Ähnlich rasch wie der Aufstieg Jains verlief der Prozess des Vertrauensverlusts bei den Anteilseignern, insbesondere den Institutionellen. Enttäuscht davon, dass der viel beschworene Kulturwandel kaum vorankam und immer neue Belastungen durch Strafen für Fehlverhalten im kapitalmarktnahen Geschäft of­fenbar wurden und ernüchtert da­rüber, dass die angelsächsische Konkurrenz der Deutschen Bank enteilte, wandten sich die Aktionäre von Jain ab. Kurz vor der Hauptversammlung 2015 überraschte die Deutsche Bank mit einer Neustrukturierung ihres Vorstands. Im Zuge dessen stärkte Co-Chef Anshu Jain formell nochmals seine Stellung im Konzern. Zugleich erhielt damals der erst zu Jahresbeginn 2015 als Rechtsvorstand berufene Christian Sewing mehr Einfluss, der von Rainer Neske die Leitung des Geschäftsbereichs Private & Business Clients übernahm. Wer mit Jain zusammengearbeitet habe, „erlebte eine leidenschaftliche Führungskraft von intellektueller Brillanz“, sagte der heutige CEO Sewing anlässlich von Jains Tod.

Auf der besagten Hauptversammlung der Bank machten die Aktionäre ihrem Ärger Luft, als sie der Entlastung der beiden Co-Chefs mit gerade einmal 61% zustimmten. Zahlreiche Rechtsstreitigkeiten, Strategiewechsel und schwere Kapitalerhöhungen hatten die Aktionäre vergrault. Wenig später kündigte das Führungsduo den Rücktritt an, wobei Fitschen noch ein Jahr an Bord blieb, um den Übergang zu begleiten. Jain verließ bereits drei Wochen später die Deutsche Bank. Der Abgang an der Spitze des Konzerns nährte Hoffnung auf einen Neuanfang und wurde von Politik und Aktionärsschützern gleichermaßen begrüßt.

Nach einem Intermezzo bei der Kreditplattform Social Finance in San Francisco stieg Jain 2017 als Präsident beim US-Broker und Finanzdienstleister Cantor Fitzgerald ein. Mit Dienstsitz in London war er für den Ausbau des Kundengeschäfts verantwortlich. Cantor betreut mit 12000 Mitarbeitern weltweit mehr als 5000 institutionelle Kunden. Jain war bis zuletzt dort tätig. Cantor-CEO Howard Lutnick sagte über ihn: „Anshu war ein absoluter Profi, der eine Fülle von Erfahrungen und Weisheit in seine Rolle als Präsident einbrachte.“ Anshu Jain ist am Freitag nach langer, schwerer Krebserkrankung gestorben.