Containerschifffahrt

Aponte will HHLA auf Kurs bringen

Der süditalienische Selfmademan Gianluigi Aponte will den Hamburger Hafen HHLA wieder auf Kurs bringen. Er steht vor der Übernahme eines Anteils von 49,9% und zahlt dafür 600 Mill. Euro

Aponte will HHLA auf Kurs bringen

Aponte will HHLA auf Kurs bringen

bl Mailand

Mit einem Privatvermögen von mehr als 30 Mrd. Euro (Forbes) ist Gianluigi Aponte (83) der reichste Schweizer. Er ist Chef und Eigentümer des weltweit größten Container-Schiff-Unternehmens Mediterranean Shipping Company (MSC), das seinen Sitz in Genf hat. Doch über den Selfmademan, der in der Nähe von Sorrent bei Neapel geboren wurde, und über sein Unternehmen ist praktisch nichts bekannt. Dabei steht die MSC vor der Übernahme von 49,9% des Hamburger Hafenlogistikkonzerns HHLA. Aponte agiert aus dem Hintergrund. Er schickt seinen Chief Executive Officer Søren Toft, den er vor drei Jahren vom Konkurrenten Maersk geholt hat, in die Bütt. Kein Zweifel, dass Aponte alle Fäden in der Hand hält.

Aponte hat eine Bilderbuchkarriere gemacht, die ihn vom Schiffsjungen bis ganz nach oben geführt hat. Im Alter von fünf Jahren verlor er seinen Vater, der Passagierschiffe im Golf von Neapel betrieb. Aponte machte ein Diplom am Istituto Nautico in Sorrent und heuerte beim Reeder Achille Lauro an. Dort brachte er es bis zum Kapitän.

Der Schlüssel zu seinem Erfolg war vielleicht, dass er Ende der 60er Jahre auf einem Fährschiff nach Capri seine Ehefrau Rafaella Diamant Pinas kennenlernte. Er folgte der Tochter eines aus Israel stammenden Geschäftsmannes nach Genf und versuchte sich als Banker. Doch seine Leidenschaft galt und gilt immer dem Meer. Mit geliehenem Geld kaufte er – angeblich in Hamburg – sein erstes gebrauchtes Frachtschiff und gründete 1970 MSC.

Zu MSC gehören heute 770 Frachtschiffe – weitere hundert sind bestellt. Außerdem gebietet der „Comandante“, wie er intern genannt wird, über diverse Fährgesellschaften (GNV, Snav), hat 2022 vom Franzosen Vincent Bolloré für mehr als 6 Mrd. Euro dessen Afrikageschäft übernommen, die Frachtfluggesellschaft Aliscargo Airline erworben und ist an mehr als 70 Hafenterminals beteiligt. MSC ist stark in den Bereichen Hafenlogistik, Lastwagen und Zugtransporte engagiert. Die Kreuzfahrtgesellschaft MSC Cruises ist mit 30 Schiffen die weltweite Nummer drei. Mit der Explorer Journey baut er eine Luxuskreuzfahrtlinie auf. Und er hat 49,2% des Bahn-Hochgeschwindigkeitsanbieters Italo erworben.

Zahlen über MSC beruhen auf Schätzungen. Aponte gilt als entschlossen, hart und sparsam. Aber er ist auch mutig und expandiert wie kein anderer. Die Mittel hat er. In der Coronakrise fuhr er aufgrund dramatisch gestiegener Frachtraten geschätzt jährlich Nettogewinne zwischen 25 Mrd. und 100 Mrd. Euro ein.

600 Mill. Euro zahlt Aponte für den HHLA-Anteil. CEO Toft verspricht Investitionen, will „eine Wachstumsgeschichte schreiben“ und Hamburg zu „einem Knotenpunkt in unserem Netz machen“. Kritiker glauben, die vollständige Übernahme sei eine Frage der Zeit.

Längst hat Aponte die Weichen für seine Nachfolge bei dem Unternehmen mit seinen 180.000 Mitarbeitern gestellt. Sohn Diego (47) ist Verwaltungsratsvorsitzender mit besonderer Verantwortung für das Container- und Hafengeschäft, Tochter Alexa Aponte Vago (51) CFO, Schwiegersohn Pierfrancesco Vago leitet die Kreuzfahrtsparte.

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