Auf Du und Du mit dem Kanzler
Von Lisa Schmelzer, FrankfurtEin bisschen war die 60-Jahr-Feier der Austrian Airlines (AUA) vor einigen Wochen auch ein Abschiedsfest für den Vorstandschef des Unternehmens, Kay Kratky. Dieser war ein paar Tage vorher 60 Jahre alt geworden und übergibt Ende Juli wegen der im Lufthansa-Konzern geltenden Altersgrenze für Manager sein Amt an Alexis von Hoensbroech. Ein bisschen Wehmut angesichts des bevorstehenden Abschieds schwingt erst beim Interview am Tag nach der Feier mit, beim Fest selbst zeigte sich Kratky in bester Feierlaune. Den “Schmäh” führe er besser als manch Einheimischer, wird ihm von anwesenden österreichischen Journalisten attestiert – viel mehr Kompliment geht nicht. Dass Kratky, der seit Sommer 2015 an der Spitze der AUA steht, aber schon lange vorher einen zweiten Wohnsitz in Österreich hatte, längst in der Alpenrepublik heimisch geworden ist, zeigt auch sein vertrautes Verhältnis zum jungen Bundeskanzler Sebastian Kurz, für ihn einfach “Sebastian”. Der feiert am Wiener Flughafen mit und lässt es sich nicht nehmen, zusammen mit Kratky eine neu bei der AUA gelandete Boeing-Maschine zu taufen. Beide lassen sich auch von Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr nicht die Laune verderben, der inmitten des Feiertrubels an der Ergebnisentwicklung der österreichischen Tochter herummäkelt, die noch nicht genug verdiene, um neue Flugzeuge kaufen zu können.Damit das noch irgendwann gelingt, hatte Kratky für die letzten Wochen noch eine gut gefüllte Agenda. Eines der Projekte, die dem AUA-Chef besonders am Herzen liegen – die Neuausrichtung des Langstreckennetzes – hat er noch auf den Weg gebracht. Die AUA wird einige Strecken aus dem Programm nehmen – beispielsweise Wien-Hongkong – und die frei werdenden Kapazitäten auf profitablere Routen in Nordamerika und China verlegen. “Wir werden das Netz auf Profitabilität trimmen”, hatte Kratky im Frühjahr angekündigt. Das Ergebnis könne man durch diese Maßnahmen um einen deutlich zweistelligen Millionen- Euro-Betrag verbessern, hatte der Manager im Gespräch der Börsen-Zeitung vorgerechnet (vgl. BZ vom 12. Juni). Operativ umsetzen muss die Pläne Kratkys Nachfolger, der Lufthansa-Cargo-Manager von Hoensbroech. Kratky selbst will von 1. August an erst einmal “spürbar lange eine Auszeit nehmen”, alles andere lässt er auf sich zukommen, der ein oder andere habe sich schon mit einer Idee gemeldet. Der ehemalige Lufthansa-Pilot hat immer noch eine Grundlizenz fürs Fliegen, wenn das Leben ein Wunschkonzert wäre, “würde ich gerne Chef-Pilot einer hawaiianischen Airline oder auf den Malediven und würde von Insel zu Insel fliegen”, sagt er mit einem Augenzwinkern. Die Größe eines Flugzeugs sei ihm nicht mehr wichtig, betont der ehemalige 747-Kapitän, der früher mit einer Frachtversion des Jumbojets unterwegs war. Seine Management-Karriere gestartet hat Kratky bei der Lufthansa Cargo, anschließend war er von 2008 bis 2011 bei der chinesischen Lufthansa-Beteiligung Jade Cargo in Shenzhen. Vor seinem Wechsel nach Wien war Kratky im Bereichsvorstand des Passagiergeschäfts der Lufthansa unter anderem für das Drehkreuz Frankfurt verantwortlich. In Frankfurt wird er künftig auch wieder wohnen – und im österreichischen Hofgastein, ganz ohne Schmäh geht es nicht mehr.