PERSONEN

Aufsichtsrat von Knorr-Bremse stellt Weichen

Von Michael Flämig, München Börsen-Zeitung, 8.5.2020 Knorr-Bremse ebnet den Weg für einen Führungswechsel an der Spitze des Aufsichtsrats. Vorsitzender Klaus Mangold, der sein Mandat mit der Hauptversammlung 2021 niederlegen will, schlägt...

Aufsichtsrat von Knorr-Bremse stellt Weichen

Von Michael Flämig, MünchenKnorr-Bremse ebnet den Weg für einen Führungswechsel an der Spitze des Aufsichtsrats. Vorsitzender Klaus Mangold, der sein Mandat mit der Hauptversammlung 2021 niederlegen will, schlägt außerplanmäßig drei prominente neue Mitglieder für das Kontrollgremium vor. Der ehemalige Airbus-Vorstandsvorsitzende Thomas Enders (61), Knorr-Bremse-Großaktionär Heinz Hermann Thiele (79) und Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer (60) sollen von der diesjährigen Hauptversammlung Ende Juni gewählt werden. Sie ist als virtuelles Aktionärstreffen geplant.Mit dem Vorschlag schlägt Mangold drei Fliegen mit einer Klappe. Erstens bereitet er seine Nachfolge vor. Zweitens professionalisiert er die Besetzung des Aufsichtsrats in der kritischen Phase der Corona-Pandemie erheblich. Drittens vermeidet er, dass sämtliche Anteilseignervertreter im nächsten Jahr neu gewählt werden müssen. Allerdings riskiert er einen Konflikt mit institutionellen Investoren, die die Ämterhäufung im Fall von Weimer kritisch sehen. Kritik an Wahl von WeimerDie Lösung ermöglichen der ehemalige Thyssenkrupp-Technologies-Vorstand Wolfram Mörsdorf, Unternehmensberater Wolfgang Tölsner und der ehemalige Daimler-Trucks-Entwicklungsleiter Georg Weiberg, deren Amtszeit erst im nächsten Jahr geendet hätte, mit ihren Rücktritten. Pekuniär wird dies abgefedert. Sie blieben beratend bis Mitte 2021 tätig, heißt es in der Mitteilung.Knorr-Bremse machte keine Angaben, wer – wenn man davon ausgeht, dass dies das Trio unter sich geregelt hat – die Mangold-Nachfolge letztlich übernehmen soll. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich eine Berufung von Thiele aus Altersgründen verbietet, wenngleich Autorität und Einfluss des Mehrheitseigners und Milliardärs in dem Unternehmen kaum überschätzt werden können. Mangold gab in der Mitteilung einen Hinweis, wie er sich die Aufgabenverteilung des verbleibenden Duos Enders und Weimer vorstellt: “Mit den neuen Aufsichtsratsmitgliedern stärken wir die internationale industrielle und Finanzkompetenz im Aufsichtsrat von Knorr-Bremse.”Klar ist: Der Weltmarktführer für Bremsen in Schienen- und Nutzfahrzeugen braucht an der Spitze des Kontrollgremiums eher Ingenieur- als Bank-Know-how. Weimer dürfte jedoch auch aus einem weiteren Grund nicht an die Aufsichtsratsspitze streben. Der ehemalige HVB-Chef ist unter Beschuss von institutionellen Aktionären, die allzu viel Engagement außerhalb der Gruppe Deutsche Börse kritisch sehen.Weimers Vertrag als Vorstandsvorsitzender erlaubt die Wahrnehmung von zwei Mandaten. So soll er am 20. Mai in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewählt werden. Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen und seinen vertraglichen Pflichten gerecht zu werden, ließ Weimer bereits am Donnerstag erklären, im Fall seiner Wahl in beide Aufsichtsräte würde er sein Amt als Aufsichtsrat beim FC Bayern niederlegen. Union Investment kündigte trotzdem an, gegen die Wahl von Weimer bei Knorr-Bremse zu stimmen, sollte er sich tatsächlich in das Kontrollgremium der Deutschen Bank wählen lassen. Thiele kehrt zurückEnders, der von 2012 bis 2019 den Flugzeugkonzern Airbus führte und schon zuvor in dem Konzern aktiv war, ist dagegen prädestiniert für die Kontrolle von Knorr-Bremse. Er verfüge über eine hohe internationale Expertise im Bereich komplexer Industrien in einer breiten globalen Wertschöpfungskette, heißt es in der Mitteilung. Außerdem kennt er sich aus mit staatlichen Akteuren, die teils in der Bahnindustrie dominieren, die Knorr-Bremse bedient. Aktuell agiert Enders als Lufthansa-Aufsichtsrat und ist im Board of Directors von Linde vertreten. Zugleich ist er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).Bemerkenswert ist die Berufung von Thiele in den Aufsichtsrat. Nach dem Börsengang 2018 war die Unternehmerpersönlichkeit, die Knorr-Bremse von einem kleinen Familienunternehmen zu einem weltweit agierenden Konzern gemacht hatte, lediglich als Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats aktiv. Thiele hat qua Naturell und Mehrheitsanteil seiner Familie von 70 % dominanten Einfluss.Eigentlich jedoch würde die gültige Altersgrenzenempfehlung von Knorr-Bremse für die Wahl in das Kontrollgremium die Berufung zumindest begründungspflichtig machen. Denn die Soll-Bestimmung sieht ein Alter von maximal 70 Jahren vor und ist in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats festgeschrieben. Das Unternehmen kommentierte auf Anfrage nicht, warum sich Knorr-Bremse in diesem Fall nicht an diese Soll-Empfehlung hält.Laut Pressemitteilung wird der Beratervertrag von Thiele mit der Knorr-Bremse AG, der bis zum Jahr 2021 gelaufen wäre, vorzeitig zum 30. Juni aufgelöst (vgl. BZ vom 1. Mai). Dagegen bleibt der Beratervertrag mit der US-Tochter von Knorr-Bremse bestehen. Während der AG-Vertrag laufend entlohnt wird, floss die Entlohnung für den US-Vertrag in Höhe von 5 Mill. Euro bei dem Abschluss 2018. Das Unternehmen verbucht den Aufwand verteilt über die Laufzeit. Im vergangenen Jahr betrug er für beide Verträge 3,5 Mill. Euro.