Commerzbank

Aufsichtsratschef Vetter legt sein Amt nieder

Bei der in die Führungskrise gerutschten Commerzbank hat der erfahrene Bankensanierer es noch einmal wissen wollen. Nun zwingen gesundheitliche Gründe den 68-jährigen Hans-Jörg Vetter zum Rücktritt.

Aufsichtsratschef Vetter legt sein Amt nieder

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Die Commerzbank hat überraschend ihren Aufsichtsratsvorsitzenden verloren. Wie das Institut am Dienstag mitteilte, hat Hans-Jörg Vetter sein Amt aus gesundheitlichen Gründen mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Bis ein Nachfolger für den 68-Jährigen gefunden ist, werde sein Stellvertreter, der langjährige Konzernbetriebsratschef Uwe Tschäge, die Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden übernehmen.

Vetter, der sich als Sanierer der Landesbank Berlin und der LBBW einen Namen gemacht hat, war eigentlich bereits im Ruhestand, als er im vergangenen Sommer in den Aufsichtsrat der Commerzbank berufen wurde, um den vakanten Vorsitz zu übernehmen. Für die Aufgabe vorgeschlagen worden war er von Jutta Dönges, Chefin der Finanzagentur, die den mit gut 15% an der Commerzbank beteiligten Bund im Aufsichtsrat vertritt.

Der Personalie vorangegangen war eine beispiellose Führungskrise an der Spitze der Commerzbank. Im Streit um die strategische Neuausrichtung hatten sowohl der Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann als auch Vorstandschef Martin Zielke den Rückzug angetreten. Nach seiner Bestellung zum Aufsichtsrat und der Wahl zum Vorsitzenden kümmerte Vetter sich nicht nur um die Suche nach einem neuen Vorstandschef, die in der Berufung des langjährigen Allianz-Managers Manfred Knof mündete, sondern stellte auch die Weichen für die strategische Neuausrichtung des Instituts.

Unter seiner Ägide verließen sowohl der für die wachstumsorientierte Filialstrategie verantwortliche Privatkundenvorstand Michael Mandel als auch der erst wenige Monate zuvor vom niederländischen Finanzkonzern abgeworbene Firmenkundenvorstand Roland Boekhout die Bank. Für die beherzte Art, mit der Vetter bei der Commerzbank durchregierte, erntete er intern nicht bloß Beifall. Nicht ganz zu Unrecht wiesen seine Kritiker darauf hin, dass die Strategie Sache des Vorstands ist und der Aufsichtsrat im Sinne einer guten Corporate Governance lediglich eine beratende Funktion haben sollte.

Doch nachdem der damalige Vorsitzende im vergangenen Sommer angekündigt hatte, sich spätestens zum Jahresende aus dem Amt zurückzuziehen, war die mangelnde Handlungsfähigkeit des Vorstands offenkundig, und der Commerzbank drohte die Zeit davonzulaufen. Wie aus dem Konzern zu hören ist, arbeitete sich Vetter innerhalb kürzester Zeit akribisch in die Geschäftsdetails ein und ließ sich jede Entscheidung vom jeweilig zuständigen Vorstand detailliert erläutern. Insbesondere Boekhout, dem man Ambitionen auf den Vorstandsvorsitz nachsagte, soll dies nicht geschmeckt haben, so dass er das Institut im Streit verließ.

Als der zunächst noch vertraglich an die Deutsche Bank gebundene neue Vorstandschef Manfred Knof sein Amt zu Jahresbeginn antreten konnte, überließ Vetter ihm nicht nur die Bühne, sondern auch ein für den anstehenden Transformationsprozess bestens vorbereitetes Haus.

So konnte Knof nicht einmal sechs Wochen nach Amtsantritt mit voller Rückendeckung des Aufsichtsrats die Eckdaten der neuen Strategie vorstellen. Dank einer umfassenden Digitalisierung, effizienteren Abläufen und Einschnitten in wenig profitablen Geschäftsfeldern will das Institut 2024 eine materielle Eigenkapitalrendite von 7% erzielen.