Avionik-Chefin von Thales setzt auf Innovationen
Von Gesche Wüpper, Paris
Sie sei nicht von ihrem Optimismus abzubringen und habe eine ausgeprägte Vorliebe für Innovationen, urteilt das französische Fachmagazin „Usine Nouvelle“. Zwei wichtige Eigenschaften, die Yannick Assouad sicher bei ihrem Werdegang geholfen haben. Denn sie steht als stellvertretende Generaldirektorin an der Spitze der Sparte Avionik von Thales und ist damit eine der wenigen Frauen, die in den Führungsetagen der Luft- und Raumfahrtindustrie zu finden sind – einer Branche, in der der Anteil von Frauen an den Beschäftigten gerade mal 25 % beträgt.
Die Optimierung von Flugrouten, die Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Flugzeugen, die immer größere Vernetzung der Jets und der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Luftfahrt gehören zu den Themen, mit denen sich Assouad bei Thales beschäftigt. Der französische Rüstungselektronik- und Luftfahrtkonzern hat letztes Jahr auch dank der Luft- und Raumfahrtaktivitäten Rekordaufträge in Höhe von 23,6 Mrd. Euro eingeflogen, 18 % mehr als ein Jahr zuvor. Die Luft- und Raumfahrtaktivitäten verbuchten Neuaufträge für 5,89 Mrd. Euro, die Verteidigungs- und Sicherheitsaktivitäten für fast 14 Mrd. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) fiel mit 1,94 Mrd. Euro um 17 % höher als ein Jahr zuvor aus.
Einen technologischen Vorsprung behalten lautet eines der Ziele, das sich Thales-Chef Patrice Caine für das laufende Jahr gesteckt hat. Die Dekarbonisierung spielt dabei eine wichtige Rolle. „Sie ist essenziell“, sagt Yannick Assouad. Die Hobby-Pilotin ist überzeugt, dass der Flugverkehr weiter steigen wird. „Ich denke, dass es keinen Weg zurück gibt. Das ist utopisch.“ Deshalb sei es umso wichtiger, dafür zu sorgen, dass der CO2-Ausstoß von Flugzeugen reduziert werde. „Das ist ein guter Kampf“, findet Assouad.
Thales will dazu mit Verbesserungen für das Air Traffic Management durch Informations- und Kommunikationssysteme beitragen. Allein durch die Verbesserung des Flugeinsatzes von Flugzeugen ließe sich der CO2-Ausstoß um 10 % verringern, erklärt die Luftfahrtingenieurin, die nach dem Diplom am Institut National des Sciences Appliquées (INSA) in Lyon am Illinois Institute of Technology in Chicago promoviert hat.
Ihre Berufung bei Thales ist für Assouad in gewisser Weise eine Rückkehr zu den Wurzeln. Denn sie hat ihre berufliche Karriere einst in der Radarabteilung von Thomson-CSF begonnen, wie der Konzern damals hieß. Nach Zwischenstationen bei Secan und LMB, zwei Tochtergesellschaften von Honeywell Aerospace, wechselte sie 2003 zu dem Flugzeugausrüster Zodiac Aerospace, wo sie die Sparte Aircraft Systems entwickelte und später die Kabinensparte des inzwischen von Safran übernommenen Unternehmens.
Ende 2016 dann wurde sie Generaldirektorin von Latécoère. Sie habe den Luftfahrtausrüster entstaubt, indem sie den Fokus wieder auf Innovationen gelegt habe, loben französische Medien. Doch dann bekam Latécoère mit dem britisch-kanadischen Investmentfonds Searchlight einen neuen Hauptaktionär, der Yannick Assouad 2019 aus dem Unternehmen drängte. Kurz darauf wurde die Managerin, die am 11. April ihren 64. Geburtstag feierte, von Thales-Chef Caine an Bord geholt. „Ich fühle mich der indischen Philosophie verbunden, die darin besteht, zu sagen, dass nichts unverrückbar ist, dass man mehrere Leben hat und, wenn man gut war, in der Hierarchie der Kasten aufsteigen kann“, sagte sie einmal zu „Usine Nouvelle“.