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Bei den De Benedettis fliegen die Fetzen

Von Gerhard Bläske, Mailand Börsen-Zeitung, 16.10.2019 Von Carlo De Benedetti hatte man lange nichts gehört. Der langjährige Chef des IT-Konzerns Olivetti und kurzzeitige Fiat-CEO hatte sich nach der Übergabe seines Medienimperiums an die Söhne...

Bei den De Benedettis fliegen die Fetzen

Von Gerhard Bläske, MailandVon Carlo De Benedetti hatte man lange nichts gehört. Der langjährige Chef des IT-Konzerns Olivetti und kurzzeitige Fiat-CEO hatte sich nach der Übergabe seines Medienimperiums an die Söhne auch wegen Ermittlungen der Steuerbehörden vor zehn Jahren weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.Nun ist er mit einem Paukenschlag zurückgekommen. Der bald 85-Jährige hat der Holding CIR, die 43,7 % der Anteile an der Verlagsgruppe Gedi (Gruppo Editoriale) hält, ein Angebot über den Kauf von 29,9 % an dem börsennotierten Medienhaus gemacht. Er bietet 0,25 Euro je Aktie, insgesamt 40 Mill. Euro. De Benedetti würde so die relative Mehrheit an dem von seinem Sohn Marco geleiteten Unternehmen erwerben.De Benedetti, in Italien meist nur “l’Ingegnere” genannt, will das Medienhaus, zu der so illustre Titel wie die linksliberale Tageszeitung “La Repubblica”, die Turiner “La Stampa”, die Genueser “Il Secolo XIX”, diverse Lokalzeitungen und Radiosender, die “Huff Post Italia” sowie das Nachrichtenmagazin “L’Espresso” gehören, “mit Leidenschaft, Engagement und Kompetenz” sowie “viel Arbeit und Investitionen” retten. Sein hohes Alter sieht er dabei nicht als Hindernis. “Ich weiß, wie alt ich bin. Ich bin in einer guten Verfassung”, sagte er dem “Corriere della Sera”. Er wolle den Medienkonzern nur für eine Übergangszeit von zwei, drei Jahren leiten und dann an eine Stiftung übergeben, an der Journalisten, Geschäftsführung und “Persönlichkeiten aus dem Kulturleben” beteiligt seien. Er wolle damit zur Sicherung der Unabhängigkeit eines Teils der italienischen Geschichte beitragen, erklärt der aus einer wohlhabenden jüdischen Familie aus Turin stammende Manager.Aber muss er dafür wirklich noch einmal selbst in die Bütt steigen? Er ist davon überzeugt. Seine Söhne seien “ineffizient” und führten Gedi ohne Kompass und Kommandostruktur. Er habe sie auch nicht vorher über seine Pläne informiert, weil diese nicht zugeben wollten, nicht in der Lage zu sein, einen Medienkonzern zu führen. Ihnen fehle die Leidenschaft, die Sensibilität, die Kultur und die Kompetenz, urteilt der Vater. Sie betrachteten das Mediengeschäft, allen voran Rodolfo, der an der Spitze der Holding CIR steht, als Geschäft ohne Zukunft. Der schlechte Börsenkurs spiegle das wider.Immerhin gesteht er den Söhnen zu, “andere Talente” zu haben. Er findet, sie sollten ihm dankbar sein, durch sein Angebot den Aktienkurs hochgetrieben zu haben. Am Montag stieg er um rund 16 %. Das Papier war zeitweise von der Notierung ausgesetzt. Gestern fiel die Notierung um 2 % auf 0,29 Euro zurück. Ob er nachlegt, ließ De Benedetti offen.Er habe auch mit John Elkann, Chef des Fiat-Chrysler-Großaktionärs Exor, der mit 6,9 % an Gedi beteiligt ist, gesprochen und wolle ihn treffen, so De Benedetti.Wie nicht anders zu erwarten, reagierten seine Söhne geschockt auf die “Komplemente” und das Übernahmeangebot ihres Vaters. “Ich bin zutiefst erschüttert und verblüfft über die Initiative, die mein Vater in die Wege geleitet hat, ohne mich zu informieren”, sagte Rodolfo. CIR hatte erst im Frühjahr ein wesentlich attraktiveres Angebot des Unternehmers Flavio Cattaneo von 0,37 Euro je Gedi-Aktie abgelehnt.Dass mit Carlo De Benedetti ein fast 85-Jähriger noch so aktiv mitmischt, ist für Italien nicht ungewöhnlich. Leonardo Del Vecchio (84), Großaktionär des Brillenkonzerns EssilorLuxottica, sorgt gerade mit seinem Einstieg bei der Mediobanca für Aufsehen, Luciano Benetton, ebenfalls 84, spielt wieder eine Schlüsselrolle im Unternehmen, Silvio Berlusconi (83) unterstützt seinen Sohn Pier Silvio beim Kampf gegen den Mediaset-Aktionär Vivendi und Modezar Giorgio Armani (85) mischt auch noch kräftig mit.