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Bei Tele Columbus stehen die Zeichen auf Sturm

Von Heidi Rohde, Frankfurt Börsen-Zeitung, 1.6.2019 Der Berliner Kabelnetzbetreiber Tele Columbus ist am Kapitalmarkt eine Größe. Allerdings beeindruckt das Unternehmen weniger mit dem Wert des Eigenkapitals. Nachdem die Aktie binnen Jahresfrist...

Bei Tele Columbus stehen die Zeichen auf Sturm

Von Heidi Rohde, FrankfurtDer Berliner Kabelnetzbetreiber Tele Columbus ist am Kapitalmarkt eine Größe. Allerdings beeindruckt das Unternehmen weniger mit dem Wert des Eigenkapitals. Nachdem die Aktie binnen Jahresfrist schlanke 80 % verloren hat, weil eine Gewinnwarnung die nächste jagte, beläuft sich die Marktkapitalisierung noch auf kümmerliche 168 Mill. Euro. Dies vergleicht sich mit einer deutlich schwergewichtigeren Fremdkapitalseite: Die Finanzschulden türmen sich auf rund 1,4 Mrd. Euro – somit das 8-Fache des Börsenwerts und das “6,24-fache Ebitda”, wie Großaktionär United Internet präzise herausstellt. Dommermuth verliert GeduldDamit reißt bei dem von Ralph Dommermuth geführten Internet- und Telekommunikationskonzern nun der Geduldsfaden. United Internet, die 28,5 % an Tele Columbus hält und mit Abstand größter Einzelaktionär ist, lehnt bei der anstehenden Neubesetzung des Aufsichtsrats auf der Hauptversammlung am 21. Juni die Vorschläge der Verwaltung komplett ab und tritt mit einer eigenen Liste an.Auf dieser finden sich gleich drei “Vertreter” von United Internet: Claus Beck, der als Technikchef der Konzerntochter Versatel über langjährige Expertise im Kabelgeschäft verfügt. Michael Scheeren, ein Weggefährte von Dommermuth, war von 1991 bis 2001 Finanzchef von United Internet und wacht als Aufsichtsratschef u. a. über die Geschicke der Telekommunikationstochter 1&1 Drillisch. Er gilt als Experte in den Bereichen Governance und Finanzen. Als Dritter im Bunde geht Dr. Volker Ruloff ins Rennen, ehemaliger Finanzchef von Vodafone Deutschland. Ruloff teilt dieses Karrieremerkmal mit Frank Krause, der ebenfalls CFO von Vodafone Deutschland war, bevor er in derselben Funktion bei United Internet antrat. Kurzes Gastspiel Krause hatte auch zunächst zusammen mit Ruloff ein relativ kurzes Gastspiel im Aufsichtsrat von Tele Columbus gegeben. Jedoch entwickelte sich das Mandat offenbar nicht zufriedenstellend. Beide zogen sich im vergangenen Oktober überraschend aus dem Gremium zurück. Nun kommt zumindest Ruloff mit Verstärkung zurück, zu der man übrigens auch Dr. Susan Hennersdorf zählen darf, so dass als unabhängiger Kandidat auf der Liste von United Internet nur Stefan Rasch, Senior-Berater von Boston Consulting, bleibt. Hennersdorf ist ebenfalls eine frühere Kollegin von Krause und Ruloff bei Vodafone und sitzt als einzige Kandidatin bereits im Aufsichtsrat von Tele Columbus.Nach dem Willen der Verwaltung soll sie dort allerdings nicht bleiben. Diese will an André Krause, derzeit Chef des Aufsichtsrats, Christian Boekhorst und Catherine Mühlemann als Mitglieder des Gremiums festhalten und nominiert darüber hinaus Dr. Hans-Holger Albrecht, CEO des Streaming-Anbieters Deezer, und die beiden Schweizer Manager Heinz Herren und Carola Wahl als eigene Kandidaten.Tele Columbus, wo 2018 eine neue Führungsmannschaft unter der Leitung von CEO Timm Degenhardt angetreten ist, berichtet nach einem “planmäßigen Start” ins neue Geschäftsjahr just über einen weiteren Umsatzrückgang und einen Einbruch des “normalisierten” operativen Ergebnisses vor Abschreibungen (Ebitda) um 13 % auf 57 Mill. Euro. Tatsächlich lag die Kennziffer unbereinigt bei 48 Mill. Euro. Die prekäre Lage wird noch deutlicher bei einem Blick in den jüngsten Jahresabschluss. Dort gingen von einem Ebitda von 189 Mill. Euro allein Zinszahlungen von 76 Mill. Euro ab. Die Abschreibungen von 283 Mill. Euro überstiegen das operative Ergebnis deutlich, entsprechend war ein Jahresverlust von 196 Mill. Euro angefallen.Angesichts der dramatischen Kursverluste hatte United Internet auf ihre Beteiligung im dritten Quartal 2018 eine Wertkorrektur von 217 Mill. Euro vorgenommen – und das Investment damit fast vollständig abgeschrieben. Déjà-vuEin Totalverlust wäre also kaum noch schmerzlich. Dem Streubesitz schwant dagegen Übles. Der Aktionärskreis besteht zum großen Teil aus Banken, die 2014 bei einem Debt-to-Equity-Swap ihre Schulden in Eigenkapital gewandelt hatten und hofften, im Anschluss an den Börsengang noch einigermaßen profitabel herauszukommen. Stattdessen droht ihnen ein Déjà-vu.