Beiersdorf muss neuen Vorstandsvorsitzenden suchen
Von Carsten Steevens, HamburgVollkommen überraschend kam die Nachricht gestern nicht, dass Stefan Heidenreich seinen bis Ende 2019 laufenden Vertrag als Vorstandsvorsitzender von Beiersdorf nicht verlängern wird. Bei einem seiner raren öffentlichen Auftritte hatte es der 55-Jährige in der diesjährigen Bilanzpressekonferenz Anfang März auf Nachfrage vermieden, sich zu einer langfristigen Zukunft beim einzigen Hamburger Dax-Konzern zu bekennen. Er werde sich im Laufe des Jahres zu “einer Tasse Kaffee oder vielleicht auch zwei” mit Michael Herz zusammensetzen und dabei die Aussichten erörtern, ließ Heidenreich lediglich durchblicken. Zugleich wies er Medienberichte zurück, in denen von angeblichen Spannungen im Verhältnis zu dem Milliardär die Rede war, dessen Familie über die Dachgesellschaft Maxingvest die Mehrheitsanteile an dem Nivea-Konzern gehören. “Freundschaftlich”, so hieß es in der gestrigen Ad-hoc-Mitteilung von Beiersdorf, hätten sich der Aufsichtsrat und Heidenreich auf die Beendigung des Vorstandsmandats spätestens zum Ende der laufenden Amtsperiode verständigt. Beobachter berichten von einem guten Verhältnis zwischen dem seit April 2012 amtierenden Vorstandschef und Herz. Beide Manager würden sich mit großer gegenseitiger Wertschätzung begegnen. Seit Heidenreich als Nachfolger von Thomas-Bernd Quaas an die Spitze rückte, verdoppelte sich der Aktienkurs von Beiersdorf und überschritt 2017 erstmals die 100-Euro-Marke. Bei Anlegern sorgte die Nachricht vom Ausscheiden des Vorstandschefs für Bedauern: Als größter Tagesverlierer im Dax gaben Beiersdorf-Titel gestern um 5,6 % auf 93,90 Euro nach. Es verdampfte ein Börsenwert von 1,4 Mrd. Euro. In der Ära Heidenreich legte nicht nur der Umsatz um durchschnittlich 5 % pro Jahr auf inzwischen mehr als 7 Mrd. Euro zu Der Konzern wurde mit der Umsetzung seiner “Blue Agenda” mit der Refokussierung auf die Stärken der Kernmarke Nivea, dem Ausbau der Präsenz in Schwellenmärkten und einer erhöhten Innovationskraft auch profitabler. Unter Führung Heidenreichs füllte Beiersdorf ferner die Kasse auf. Die Nettoliquidität des Konzerns, der sich inzwischen verstärkt um den Ausbau des Geschäfts mit anderen Konzernmarken bemüht, legte seit 2012 um 1,8 Mrd. Euro zu. Weil zugleich aber die Dividende bei 70 Cent je Aktie verharrte, muss sich Beiersdorf nach wie vor Klagen der Kleinaktionäre gefallen lassen. Größere Akquisitionen traute sich der Konzern nach dem Debakel mit der 2007 erworbenen chinesischen Haarpflegemarke C-Bons nicht zu. Investiert wird vor allem in Innovationen, den Ausbau des E-Commerce und in das digitale Marketing.Der gebürtige Bremerhavener Heidenreich war 2012 von der Schweizer Hero-Gruppe zu Beiersdorf gekommen. Ob künftig wieder ein Externer den Konzern führen wird, der mit der gebürtigen Bulgarin und langjährigen Nestlé-Managerin Dessi Temperley in Kürze erstmals ein weibliches Vorstandsmitglied als Nachfolgerin von Finanzchef Jesper Andersen bekommt, ist offen. Der Aufsichtsrat bestellte nun den in Siegen geborenen Belgier Stefan De Loecker, der seit 2012 für Beiersdorf arbeitet und seit Juli 2014 im Vorstand für das Geschäft im Mittleren Osten, in Indien, Russland und der Türkei sowie in Nord- und Lateinamerika verantwortlich ist, zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden. Zum 1. Juli soll der 51-Jährige die Verantwortung für die Bereiche Planung, Strategie und Unternehmensentwicklung übernehmen.