Modekonzern

Benetton-Gründer geht mit Paukenschlag

Mit einem handfesten Eklat verlässt Luciano Benetton, Gründer und Chairman der Benetton Group, das Unternehmen. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen den scheidenden CEO Massimo Renon.

Benetton-Gründer geht mit Paukenschlag

Modedynastie

Luciano Benetton geht mit einem Paukenschlag

Der Gründer verlässt das Unternehmen mit einem Paukenschlag

bl Mailand
Von Gerhard Bläske, Mailand

Mit der Gründung des Textilkonzerns Benetton legten Luciano Benetton und seine drei Geschwister Gilberto, Carlo und Giuliana 1965 den Grundstein für eine der mächtigsten Industriedynastien Italiens. Der lautstarke Rücktritt des 89-jährigen Luciano Benetton, der seinen Posten als exekutiver Verwaltungsratspräsident bei Benetton mit der Hauptversammlung am 18. Juni niederlegt, bedeutet das Ende einer Epoche. Mit ihm geht der letzte Vertreter der Gründergeneration. In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts revolutionierten die Benettons den weltweiten Markt mit ihren bunten, unkonventionellen und innovativen Strickwaren. Begleitet wurde diese Strategie von einer bewusst auffälligen, oft schockierenden und sozialkritischen Werbekampagne.

Das hat sich sehr geändert. Statt eines ausgeglichenen Ergebnisses meldete United Colors of Benetton für 2023 bei einem Umsatz von 1,1 Mrd. Euro einen Verlust von 230 Mill. Euro. Davon entfallen 150 Mill. Euro auf Wertberichtigungen. Schon lange haben H&M oder Zara Benetton den Rang abgelaufen.

In einem Interview mit dem „Corriere della Sera“ machte Luciano Benetton, der 2020 Massimo Renon als Sanierer geholt hatte, seinem Ärger Luft. Er wirft ihm Missmanagement und Betrug vor: „Ich habe ihm vertraut und wurde verraten“, so der Patriarch.

Die Benettons gehen nun nicht am Bettelstab. Die Textilsparte trägt nur noch 2% zum Nettovermögenswert der größtenteils in der Holding Edizione gebündelten wirtschaftlichen Aktivitäten der Familie bei. Edizione ist mit 57,8% am Infrastrukturkonzern Mundys (früher Atlantia) beteiligt. Zu Mundys gehören etwa die Flughäfen von Rom und Nizza, ein internationales Autobahnnetz von mehr als 10.000 Kilometern Länge in elf Ländern, der Zahlungsdienstleister Telepass, die Ex-Siemens-Verkehrstechniksparte Yunex, eine Beteiligung am Bruchsaler Flugtaxi-Unternehmen Volocopter und 15% am Kanaltunnelbetreiber Getlink. Im Management sind die Benettons künftig nicht mehr vertreten. Einige der 14 Vertreter der zweiten Generation sitzen in Verwaltungsräten. Die Familie hält auch Beteiligungen an Generali und der Mediobanca. Dazu kommen ein Anteil von 22,2% am Duty-Free-Shop-Betreiber Avolta (früher Dufry), Hotels, Immobilien, landwirtschaftliche Betriebe und vieles mehr. Edizione-Präsident ist Lucianos Sohn Alessandro.

Die Familie geriet nach dem Einsturz der Autobahnbrücke von Genua 2018 in eine Krise. Die Brücke gehörte zu der von Atlantia kontrollierten Autobahngesellschaft Autostrade per l'Italia, die inzwischen verkauft wurde. Es dauerte, bis die Benettons eine Mitschuld eingestanden. Luciano, der 2012 Abschied genommen hatte, stieg damals noch einmal in die Bütt. Jetzt geht der Mann, ein Symbol italienischen Unternehmertums, einst Senator der Republikanischen Partei und Gründer eines Formel-1-Rennsportstalls, endgültig.

Finanzfachmann soll es richten

Die Familie will die Textilsparte nicht aufgeben. Nachdem seit 2012 Verluste von mehr als 1 Mrd. Euro aufgelaufen waren und allein in den letzten drei Jahren 350 Mill. Euro zugeschossen worden waren, sollen nochmal 260 Mill. Euro fließen.

Überraschend reibungslos verlief die Verwaltungsratssitzung in der letzten Woche, an der auch Renon teilnahm. Claudio Sforza soll neuer CEO werden – ein Finanzfachmann mit langer Erfahrung bei der Post und bei Telecom Italia.

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