Rückversicherer

Ex-Allianz-Manager Berger wird Swiss-Re-Chef

Der frühere Allianz-Manager Andreas Berger hat sich als Sanierer der Industrieversicherungssparte für den Chefposten des Swiss-Re-Konzerns empfohlen. Am 1. Juli löst er den langjährigen CEO Christian Mumenthaler ab.

Ex-Allianz-Manager Berger wird Swiss-Re-Chef

Früherer Allianz-Manager Berger übernimmt bei Swiss Re

Von Dani Zulauf, Zürich

Andreas Berger habe „einen starken Fokus auf die Umsetzung bewiesen“, begründet der Swiss-Re-Verwaltungsrat dessen Ernennung zum CEO.

Bei Swiss Re vollzieht sich ein Chefwechsel, der sich mit Fug und Recht auch als Übergang in eine neue Ära beschreiben lässt. Der 54-jährige Christian Mumenthaler überlässt den Posten des CEO am 1. Juli seinem drei Jahre älteren Kollegen Andreas Berger, um nach acht Jahren an der Spitze des Rückversicherers ein in der Pressemitteilung nicht näher beschriebenes „neues Kapitel“ aufzuschlagen.

Mumenthaler war 1999 nach seiner Promovierung zum Physiker an der ETH Zürich in die Swiss Re eingetreten, um dort die Karriereleiter vom Risikochef zum Rückversicherungschef und weiter bis zum CEO emporzusteigen. Mumenthalers Förderer war kein Geringerer als Walter Kielholz, der 1997 zum Swiss-Re-Chef avancierte und bis vor drei Jahren nicht nur den Schweizer Rückversicherer, sondern in seiner früheren Zweitfunktion als Credit-Suisse-Präsident auch den ganzen Schweizer Finanzplatz prägte.

„Swiss Re versucht, als Öltanker Slalom zu fahren“, resümierte ein langjähriger Brancheninsider vor einiger Zeit die Essenz der Ära Kielholz, die Mumenthaler in seiner Zeit als CEO nicht unwesentlich mitgestaltet hat. Der Konzern habe sich während vieler Jahre vergeblich bemüht, mit smarten, strategischen Zügen auf eine höhere Entwicklungsstufe zu kommen, meinte der Branchenkenner. Seine Vermutung, das klassische Rückversicherungsgeschäft könnte dem wirbeligen Ex-Swiss-Re-Präsidenten zu langweilig gewesen sein, erscheint auch mit Bezug auf Christian Mumenthaler nicht abwegig.

Marktanteil schrumpft

Plausibel erscheint die unlängst vom Schweizer Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ aufgestellte These, nach der die Swiss Re in den vergangenen Jahren in der Rückversicherung bedeutende Marktanteile verloren und ihre einst führende Stellung im Kerngeschäft geschwächt habe. Kaum zufällig ist derzeit bei Swiss Re auch viel von „mehr Kundennähe“ die Rede, einer Qualität, die das Unternehmen seit der Schaffung einer komplizierten Holding-Organisation schon vor mehr als zehn Jahren zunächst schleichend vernachlässigt hatte, was im vergangenen Jahr eine Neuorganisation notwendig machte.

Swiss-Re-Vizepräsident Jacques de Vaucleroy, der auf der Generalversammlung vom 12. April definitiv zum neuen Präsidenten und zum Nachfolger des im März 2023 fliegend zur UBS gewechselten Sergio Ermotti bestimmt werden soll, beschreibt Mumenthaler in der Pressemitteilung als „unglaublich engagierte, leidenschaftliche und intellektuell starke Führungspersönlichkeit, die auch über Swiss Re hinaus prägend gewesen ist“.

Stärkerer Kundenfokus als Ziel

Vor allem im Nachsatz lässt der frühere Axa- und ING-Manager aus Belgien durchblicken, weshalb sich der Verwaltungsrat nun einig ist, dass Andreas Berger der Richtige ist, „auf dem positiven Momentum des Unternehmens aufzubauen und Swiss Re in die nächste Phase der Entwicklung zu führen“. Berger, der im März 2019 von der Allianz zur Swiss Re gestoßen war, bewährte sich als Leiter der Industrieversicherungssparte nicht nur als Sanierer, sondern auch als Manager mit einem starken Kundenfokus.

Die kleinste Sparte der Swiss Re war im Zuge einer fehlgeleiteten Expansionsstrategie ab 2016 aus dem Gleichgewicht geraten und hatte in den folgenden Jahren horrende Verluste von über 2 Mrd. Dollar angehäuft. Als Mumenthaler CEO wurde, hatte Swiss Re noch eine Verzinsung des Eigenkapitals von 10,6% erreicht. In den sechs folgenden Jahren betrug der beste Wert 5,7%, bei einem Durchschnitt von absolut ungenügenden 1,7% pro Jahr. Erst 2023 konnte Swiss Re mit einem Gewinn von 3,2 Mrd. Dollar wieder an die guten Zeiten von damals anschließen. Unter Berger dürfte Swiss Re weit weniger Energie und Kapital auf Experimente mit neuen Geschäftsmodellen verwenden und sich stattdessen verstärkt auf das vielleicht langweilige, aber existenzielle Kerngeschäft fokussieren. Die Personalie deutet auf den Beginn einer neuen Ära beim Schweizer Rückversicherer hin.