Bezos, Buffett und Dimon setzen auf einen Chirurgen
Von Stefan Paravicini, New YorkBald fünf Monate ist es her, dass der Gründer des Online-Händlers Amazon, Jeff Bezos, die Investorenlegende an der Spitze des Versicherungskonzerns Berkshire Hathaway, Warren Buffett, und der Chef der US-Großbank J.P. Morgan, Jamie Dimon, die Pläne für ein Joint Venture bekannt gegeben haben, mit dem sie die Gesundheitskosten für mehr als 1 Million Mitarbeiter senken wollen (vgl. BZ vom 1. Juni). Die Ankündigung der Partnerschaft sorgte quer durch die Gesundheitsbranche für ein Erdbeben, auch wenn die meisten Details zu dem Gemeinschaftsunternehmen offen blieben. Neben dem Namen und dem Sitz des neuen Unternehmens war auch unklar, wer die gemeinsamen Anstrengungen zur Verbesserung des US-Gesundheitssystems leiten sollte.Zwei von drei dieser Fragen sind jetzt beantwortet. Das neue Unternehmen wird seinen Sitz in Boston, Massachusetts, haben und ab 9. Juli vom Medizinprofessor Atul Gawande geleitet. Der 52-Jährige lehrt Gesundheitspolitik und Management an der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston und operiert dort als Chirurg am Brigham and Women’s Hospital.Gawande ist Initiator und Executive Director der Ariadne Labs, die mit Akteuren im US-Gesundheitssystem, mit Organisationen wie der Weltbank, der Weltgesundheitsorganisation und mit Stiftungen an der Verbesserung von medizinischen Angeboten und medizinischen Innovationen arbeitet. Er ist Chairman von Lifebox, einer nicht gewinnorientierten Organisation, die Risiken bei chirurgischen Eingriffen vermindern will. Erfahrungen in der Führung von Unternehmen hat er nicht.Bekannt ist Gawande auch als erfolgreicher Autor zu den Problemen im Gesundheitssystem, der nach drei Bestsellern gerade sein viertes Buch veröffentlicht hat (“Sterblich sein. Medizin und was am Ende zählt”). Bereits seit 20 Jahren schreibt er regelmäßig für die renommierte Zeitschrift “New Yorker”, wo er vor Jahren auch die Aufmerksamkeit von Warren Buffett weckte. Gawande habe einen “absolut fantastischen” Artikel veröffentlicht, erklärte Buffett dem Fernsehsender CNBC im Frühjahr 2010 und bezog sich auf eine frühere Veröffentlichung unter dem Titel “Das Kostenrätsel”, in der Gawande die Gründe für die stark divergierenden Kosten für vergleichbare Leistungen innerhalb des Gesundheitssystems der USA analysierte. Kosteneinschnitte gewünscht”Wir haben diese enormen Unterschiede, und (…) wenn ein paar kluge Köpfe sich der Sache annehmen würden, die etwas von Medizin verstehen, könnten sie eine Menge bewegen”, erklärte Buffett im TV. Auch Bezos und Dimon wünschen sich von Gawande Einschnitte bei den oft rätselhaften US-Gesundheitskosten.