Spezialchemiekonzern

Bilanzfehler kosten Clariant-CFO den Job

Nach von internen Whistleblowern aufgedeckten Bilanzierungsfehlern nimmt der Finanzchef des Schweizer Spezialchemiekonzerns Clariant seinen Hut. Stephan Lynen trete zum 1. Juli zurück, teilte das Unternehmen aus Muttenz bei Basel mit.

Bilanzfehler kosten Clariant-CFO den Job

Reuters

Nach von internen Whistleblowern aufgedeckten Bilanzierungsfehlern nimmt der Finanzchef des Schweizer Spezialchemiekonzerns Clariant seinen Hut. Stephan Lynen trete zum 1. Juli zurück, teilte das Unternehmen aus Muttenz bei Basel mit. Zum neuen CFO sei der Engie-Manager Bill Collins ernannt worden. Nach dem Abschluss einer Untersuchung korrigierte Clariant den Betriebsgewinn (Ebitda) für das Jahr 2020 nach oben: Nach vorläufigen Zahlen belief er sich auf 597 Mill. sfr. statt der ursprünglich genannten 578 Mill. Umsatz und liquide Mittel seien nicht betroffen.

„Wir wissen es zu schätzen, dass unsere Mitarbeiter uns auf diese Angelegenheit aufmerksam gemacht haben, und ich bin froh, dass wir die Untersuchung nun abgeschlossen haben und diese Angelegenheit hinter uns lassen können“, erklärte Konzernchef Conrad Keijzer. „Nach einer gründlichen Untersuchung haben wir die Ergebnisse genau geprüft und sind entschlossen, unsere Kontrollen und Prozesse weiter zu stärken.“ Keijzer hatte Anfang 2021 den langjährigen Clariant-Chef Hariolf Kottmann abgelöst. Die Untersuchung wurde eingeleitet, nachdem sich Mitarbeitende im September vergangenen Jahres gemeldet hatten. Den Hinweisen zufolge sollen Falschbuchungen vorgenommen worden sein, um die Ergebnisse des Unternehmens so zu steuern, dass die internen und externen Finanzziele erreicht würden. Die Prüfung förderte nun zutage, dass Rückstellungen und Abgrenzungen 2020 über- oder unterbewertet wurden.

Für das Jahr 2021 meldete Clariant ein Umsatzwachstum von 13% auf 4,37 Mrd. sfr. und einen Anstieg des Ebitda um 19% auf 708 Mill., entsprechend einer Gewinnmarge von 16,2%. Die Zahlen sind vorläufig. Der geprüfte Jahresabschluss soll bis spätestens 30. Mai veröffentlicht werden. Die ursprünglich für Februar geplante Bilanzbekannt­gabe musste verschoben werden, nachdem der Buchprüfer PwC wegen der laufenden Untersuchung nicht in der Lage war, den Abschluss abzusegnen.

Für das erste Quartal 2022 stellte Clariant dank einer starken weltweiten Nachfrage nach seinen Produkten mit höheren Absatzmengen und Preisen ein starkes Umsatzwachstum in Aussicht. Das Quartalsergebnis soll bis spätestens 30. Juni vorliegen. Auch die Generalversammlung soll bis dahin stattfinden. Zum Ausblick für das laufende Jahr wollte sich der Konzern nicht äußern, bekräftigte aber seine Mittelfristziele. Bis 2025 werden 4 bis 6% Umsatzwachstum und 19 bis 21% Ebitda-Marge angepeilt.

An der Börse atmeten die Anleger auf. Mit einem Kursplus von knapp 10% führte Clariant die europäischen Chemiewerte an. „Der Be­trugsfall hat das Unternehmen zurückgeworfen“, erklärte Vontobel-Analystin Sibylle Bischofberger. „Es wird nun Zeit brauchen, um Maßnahmen zur Verbesserung der Prozesse umzusetzen.

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