Bilfinger findet mit Schulz einen CEO
Von Helmut Kipp, Frankfurt
Mehr als ein dreiviertel Jahr hat der Bilfinger-Aufsichtsrat mit Eckhard Cordes an der Spitze gebraucht, um einen Nachfolger für den im Januar Knall auf Fall ausgeschiedenen früheren Vorstandschef Tom Blades zu präsentieren. Nun ist er endlich fündig geworden. Thomas Schulz heißt der neue Mann an der Firmenspitze. Doch bis er tatsächlich da ist, werden wohl noch einige Monate vergehen. Bestellt wurde der 56-jährige Manager mit Wirkung zum 1. März 2022. Bis dahin muss Finanzchefin Christina Johansson als Interim-CEO den Konzern weiter leiten. Sie hat beizeiten klargemacht, sich wieder auf die CFO-Rolle beschränken zu wollen.
Schulz kommt vom Anlagenbauer FL Smidth aus Kopenhagen, der die Bergbau- und Zementindustrie beliefert. Hier arbeitet Schulz als Group CEO. Die Dänen hätten zugestimmt, das bestehende Arbeitsverhältnis vorzeitig aufzulösen, teilt Bilfinger mit. Cordes zeigt sich erfreut, „einen so erfahrenen und erfolgreichen Manager und Ingenieur“ an Land gezogen zu haben, und hebt die Expertise des künftigen CEOs in der nachhaltigen Aufstellung energieintensiver Industrien hervor.
Der Chefsessel von Bilfinger ist einer der heißen Stühle in Deutschlands Industrie. In den vergangenen sieben Jahren saßen darauf drei CEOs: Roland Koch ging 2014, Per Utnegaard 2016 und zuletzt Blades. Auch auf den anderen Vorstandspositionen gab es reichlich Wechsel. Inzwischen ist der Industriedienstleister operativ in stabileres Fahrwasser gelangt. Verlustquellen wurden gestopft oder verkauft, Randbereiche abgestoßen und die fortgeführten Geschäfte neu ausgerichtet. Auf diesen Vorarbeiten kann Schulz aufbauen. Er zeigt sich überzeugt, dass Bilfinger heute wieder fokussiert und profitabel sei. Doch die operative Marge sieht nach wie vor dürftig aus. Sie wird laut dem aktuellen Ausblick im laufenden Jahr bei gut 3 % landen. Hier wird der neue Chef deutliche Fortschritte präsentieren müssen.
Risiko durch Eigentümerseite
Heikel machen den Job nicht zuletzt die Unsicherheiten auf der Aktionärsseite. Außenstehende brachten den überstürzt wirkenden Abschied von Blades mit einem möglichen Eigentümerwechsel in Verbindung, zu dem es allerdings bisher nicht gekommen ist. Mal hieß es, Private-Equity-Firmen würden einen Erwerb prüfen, darunter Clayton Dubilier & Rice, dann war von Übernahmegesprächen mit dem französischen Wettbewerber Altrad die Rede. Auf ähnliche Störgeräusche wird sich auch Schulz einstellen müssen. Denn die größten Anteilseigner Cevian (knapp 25 %) und Ena Investment (12 %) sind der Finanzinvestorszene zuzuordnen, gelten also als Eigentümer auf Zeit. Der aktivistische Aktionär Cevian ist bereits vor rund zehn Jahren eingestiegen, also sehr lange an Bord. Überdies ist er mit dem Investment alles andere als glücklich geworden, denn der Aktienkurs ist seither deutlich gefallen.
Helfen dürfte Schulz seine langjährige Managementerfahrung in börsennotierten Industriekonzernen. Vor seiner Zeit bei FL Smidth arbeitete der 1965 im Saarland geborene Manager nämlich 13 Jahre für den schwedischen Industriekonzern Sandvik. In seiner Karriere habe Schulz mehrfach Strategien zum nachhaltigen profitablen Wachstum entwickelt und umgesetzt, betont Bilfinger. Hierbei habe er das Augenmerk ausdrücklich auf Mitarbeiterentwicklung und Kundenorientierung gelegt. Schulz ist deutscher Staatsbürger. Ingenieurstudium und Promotion hat er an der Technischen Hochschule Aachen absolviert. Seine Berufslaufbahn startete er bei der in Malmö ansässigen Svedala Industri.