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BMW-Chef Oliver Zipse wird grün

Von Stefan Kroneck, München Börsen-Zeitung, 28.7.2020 Oliver Zipse ist in seinem Element. In einem Konferenzraum in der "BMW Welt" unweit des Vierzylinder-Hochhauses, der Schaltzentrale des Münchner Autoherstellers, hält der Vorstandsvorsitzende...

BMW-Chef Oliver Zipse wird grün

Von Stefan Kroneck, MünchenOliver Zipse ist in seinem Element. In einem Konferenzraum in der “BMW Welt” unweit des Vierzylinder-Hochhauses, der Schaltzentrale des Münchner Autoherstellers, hält der Vorstandsvorsitzende des Dax-Mitglieds einen Vortrag über sein Nachhaltigkeitskonzept.In einem freundlichen Plauderton referiert der 56-Jährige vor rund 20 geladenen Medienvertretern über die CO2-Emissionsziele bis zum Ende der laufenden Dekade und darüber, mit welchen Maßnahmen er diese erreichen will. Start-up-KleidungsstilZipse wirkt dabei locker und aufgeräumt. Von Nervosität keine Spur. Und: Zum Business-Outfit trägt er keine Krawatte, nicht mal ein Jackett. Letzteres ist gerade im Hochsommer in der deutschen Autoindustrie mittlerweile Pflicht. Sein Amtskollege von Daimler, Ola Källenius, macht das ebenfalls.Dieser lockere Kleidungsstil gehört zur markenprägenden, modernen Kommunikationspolitik des weiß-blauen Traditionsunternehmens, welches sich nicht mehr nur als Fahrzeugproduzenten sieht, sondern mit der Liga der erfolgreichen Technologiekonzerne aus den USA und ihrer Start-up-Kultur Schritt halten will.Während auf diesem Feld für BMW Anspruch und Wirklichkeit noch weit auseinanderklaffen, scheint man von außen den Eindruck zu gewinnen, dass Zipse sich dennoch in seiner Haut recht wohl fühlt: Selbstsicher, aber nicht überheblich, offen, aber nicht anbiedernd steht er den Journalisten Rede und Antwort. Der CEO ist in seiner Rolle angekommen. Seit fast einem Jahr sitzt der gebürtige Heidelberger am BMW-Lenkrad. Zipse übernahm im August 2019 den Posten von seinem zuletzt glücklosen und amtsmüde gewordenen Vorgänger Harald Krüger (54), der mit der Aufgabe überfordert schien. Mit dem ZeitgeistZipses Nachhaltigkeitskonzept trägt zwar seine Handschrift, enthält aber auch viele Züge seines Vorgängers Krüger und von dessen Amtsvorgänger Norbert Reithofer (64), der seit mehr als fünf Jahren dem Aufsichtsrat vorsitzt. Reithofer war der Vater der grünen Welle von BMW. Er setzte durch, den i3 als Elektro-Kleinwagenserienmodell auf den Markt zu bringen. Zipse setzt diesen eingeschlagenen Weg fort.Der derzeitige CEO ist grün geworden: Vom einst etwas steif wirkenden Produktionsvorstand mit Krawatte zum seriösen, unprätentiösen Vorstandsvorsitzenden mit einem Faible für die Bedürfnisse des Kapitalmarktes und für den Zeitgeist. Der Maschinenbauingenieur, der mit einer Japanerin verheiratet ist und zwei erwachsene Söhne hat, vollzog binnen eines Jahres einen Wandlungsprozess in eigener Sache. Das ist ihm gut bekommen.An Entschlusskraft mangelt es dem CEO nicht. Die Gehälter der obersten Führungsebene will Zipse künftig an das Erreichen der Klimaziele koppeln. Hier geht er sogar einen Schritt weit über seinen eigenen Kompetenzbereich hinaus, ist doch die Gehaltsstruktur Sache des Aufsichtsrats und damit von Reithofer.Darüber sieht man aber gerne hinweg, wenn es um ein höheres Ziel geht, nämlich um einen auf lange Sicht ausgerichteten Umweltschutz. Gegen ein solch hehres Ziel hätte niemand etwas einzuwenden. Im Gegenteil: Jeder, der sich so etwas auf die Fahnen schreibt, gewinnt an Sympathiewerten. Darum ging es auch auf der jüngsten BMW-Veranstaltung in Zeiten wie diesen, die von der Coronakrise bestimmt sind und in denen jeder etablierte Autohersteller versucht, wieder ins Lot zu kommen – vor allem bei den Verkaufszahlen. In diesem Sinne war das Pressegespräch ganz nach Zipses Geschmack.