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BMW-Chef Reithofer arbeitet an der Revolution

Von Michael FlĂ€mig, MĂŒnchen Börsen-Zeitung, 15.5.2013 Eigentlich bietet die Olympiahalle MĂŒnchen jede Menge Platz. Doch an diesem Tag der BMW-Hauptversammlung sind ein paar Dutzend Sitzgelegenheiten exponiert vor dem Podium platziert, mit...

BMW-Chef Reithofer arbeitet an der Revolution

Von Michael FlĂ€mig, MĂŒnchenEigentlich bietet die Olympiahalle MĂŒnchen jede Menge Platz. Doch an diesem Tag der BMW-Hauptversammlung sind ein paar Dutzend Sitzgelegenheiten exponiert vor dem Podium platziert, mit deutlichem Abstand zum ĂŒbrigen Auditorium. Herausgehoben dĂŒrfen hier die Honoratioren Platz nehmen, ihre StĂŒhle sind von sĂ€uberlich mit Namensschildchen versehen. Von Johanna Quandt (Anteilseignerin) bis Volker Doppelfeld (Ex-Aufsichtsratschef) reicht die Liste.Andere Dax-Werte mögen sich damit begnĂŒgen, ihre Altvorderen stillschweigend in der ersten Reihe Platz nehmen zu lassen. Nicht so BMW. Tradition und Gedenken haben hier einen Platz. Typisch auch: Aufsichtsratschef Joachim Milberg fordert zu Beginn der Hauptversammlung die AktionĂ€re auf, stehend an jene 512 aktiven Mitarbeitern und PensionĂ€ren zu denken, die im vergangenen Jahr gestorben sind.Dies ist das Umfeld, in dem Norbert Reithofer reĂŒssiert. Zum siebten Mal hĂ€lt er vor seinen Anteilseignern eine Rede als BMW-Chef – und, man darf es sagen, es ist ein bemerkenswerter Auftritt. Denn eigentlich könnte es der Chef in diesem Umfeld ruhig angehen: Zur hochgehaltenen Tradition gesellt sich in der gesamten Halle allgemeine Zufriedenheit. Nur vier Redner ergreifen vor 3600 AktionĂ€ren das Wort, meist um zu loben. Nach vier Stunden ist die Hauptversammlung in rekordverdĂ€chtiger Schnelligkeit beendet.Doch der BMW-Chef setzt in diesem Umfeld keineswegs auf Konstanz, er predigt auch nicht VerĂ€nderung, er propagiert eine UmwĂ€lzung. Den Ton setzt er bereits mit seiner ersten Sentenz: “Die Zukunft gehört denen, die etwas wagen.” Im Laufe seines Vortrags spitzt er sein Ansinnen weiter zu: “2013 ist fĂŒr uns vor allem auch Revolution.”Um was es geht? ElektromobilitĂ€t ist das Thema von Reithofer nicht nur an diesem Tag – Erfolg oder Misserfolg dieser selbst ausgerufenen Revolution werden entscheidend sein fĂŒr seine weitere TĂ€tigkeit. Denn die MĂŒnchner starten im Jahresverlauf die Serienproduktion eines reinen Elektrofahrzeuges – eine Entscheidung, mit dem die MĂŒnchner im Wettbewerb weitgehend isoliert dastehen.Reithofer weiß dies. Wer allein den deutschen Markt zum Gradmesser fĂŒr den Erfolg von ElektromobilitĂ€t mache, der springe zu kurz, mahnt er. Autofahrer in Schanghai oder Kalifornien hĂ€tten andere MobilitĂ€tsbedĂŒrfnisse im Alltag. Ihnen sei egal, was uns zwischen Flensburg und Garmisch bewege. Die “German Angst” sei auch wieder bei der ElektromobilitĂ€t zu beobachten. Provokativ erinnert er an den Strategen Niccolû‚ di Bernardo dei Machiavelli. Vor 500 Jahren habe dieser schon gesagt: “Wer Neues schaffen will, hat alle zu Feinden, die aus dem Alten Nutzen ziehen. Und er hat nur lasche Verteidiger an all denen, die von der neuen Ordnung Vorteile hĂ€tten.” Die Kurzfassung des BMW- Chefs fĂŒr das breite Volk: “Man steht allein auf weiter Flur.”So gemessen der Duktus des Reithofer-Vortrags auch sein mag – so sehr schwört er seine Gemeinschaft auch auf diesen Solopart ein. “Wir sind fĂ€hig, Entscheidungen zu treffen – auch gegen den Trend und gegen die Logik des Zeitgeistes”, lautet so ein Satz. Oder: “Wir sind aufgeschlossen gegenĂŒber Neuem und gehen unseren eigenen Weg, den BMW-Weg.” Zugespitzt schließlich: “Premium ist Vorreiter.”Sicher, Reithofer macht auch auf die Gefahren aufmerksam. Wer sich an die Spitze von VerĂ€nderungen setze, gehe ein Risiko ein, lautet so eine eingestreuter EinschĂ€tzung. Und: “Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht.” Doch derartiges Innehalten bleibt eine Randnotiz der Hauptversammlung. Reithofer ist von seiner Sache ĂŒberzeugt.Mehrfach habe er den BMW i3 und den i8 getestet, sagt der Manager, der einmal bekannt hat, er habe schon als Teenager Ingenieur werden wollen. Nun wirft der promovierte Maschinenbauer die AutoritĂ€t dieser Profession demonstrativ in die Waagschale: “Als Ingenieur verspreche ich Ihnen: Wir revolutionieren den Automobilbau.”Tradition und Revolution – das werden auch die beherrschenden Themen sein, wenn BMW in drei Jahren 100 Jahre alt wird. In der großen BMW-Bilanz setzt dann die ElektromobilitĂ€t den Schlusspunkt – und prĂ€gt damit die Wahrnehmung an zentraler Stelle. FĂŒr Reithofer ist dies auch in anderer Hinsicht ein besonderer Moment: Nach bisheriger Planung endet im Jahr 2016 seine TĂ€tigkeit an der BMW-Spitze. Doch ob er dann tatsĂ€chlich einen exponierten Platz vor dem Auditorium einnimmt, statt weiter vom Podium herab zu sprechen, ist noch lange nicht entschieden.