BMW tauscht Vorstandschef schnell aus
Von Stefan Kroneck, MünchenIm Rennen um die Neubesetzung des CEO-Postens bei BMW hat sich Oliver Zipse durchgesetzt. Der 55-jährige Produktionsvorstand ersetzt den scheidenden Vorstandsvorsitzenden Harald Krüger (53). Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich hat das Nachsehen. Dem 59-Jährigen wurden ebenfalls gute Chancen eingeräumt, Krüger zu beerben. Allerdings galt Zipse von Anfang an als Favorit von Aufsichtsratschef Norbert Reithofer und den Großaktionären Stefan Quandt und Susanne Klatten. Insofern war es keine Überraschung mehr, als der Aufsichtsrat sich nach einem Treffen am US-Standort Spartanburg für Zipse entschied (vgl. BZ vom 19. Juli). Die Kapitalseite und die Arbeitnehmervertreter im Kontrollgremium verständigten sich auf einen schnellen, vorzeitigen Wechsel. Zipse löst bereits zum 16. August Krüger an der Spitze des Münchner Autokonzerns ab. Damit kann der neue CEO das Unternehmen bereits im September auf der weltgrößten Branchenmesse, der IAA in Frankfurt, repräsentieren.Krüger verlässt BMW “im beiderseitigen Einvernehmen”. Sein Vertrag wäre offiziell nach fünf Jahren Amtszeit Ende April 2020 ausgelaufen. Nun räumt er seinen Posten nach vier Jahren und drei Monaten. Vor zwei Wochen kündigte Krüger seinen Rückzug an: Für eine Vertragsverlängerung stehe er nicht mehr zur Verfügung, so der CEO, der BMW seit Mai 2015 führt (vgl. BZ vom 6. Juli); er folgte auf seinen Förderer Reithofer, der in den Aufsichtsrat ging.Der nun bevorstehende Wechsel an der Konzernspitze ging nicht geräuschlos vonstatten. In den vergangenen Monaten wurden Stimmen aus dem Unternehmen lauter, die Krügers Führungsstil bemängelten. Er sei nicht so durchsetzungsstark, hieß es. Wochenlang wurde darüber spekuliert, wie lange er sich noch auf der Position halten könnte. Zwei Gewinnwarnungen in Folge gaben den Kritikern Rückenwind. Auf der Hauptversammlung äußerten Vertreter von Kleinaktionären und institutionellen Investoren ihre Unzufriedenheit. Reithofer ging zunehmend auf Abstand zum CEO.Nach Krügers Machtverlust übernimmt mit Zipse ein Topmanager die Führung des weiß-blauen Dax-Mitglieds, der ursprünglich gar nicht dafür vorgesehen war. So plante BMW anfangs dem Vernehmen nach damit, dass Krüger über zwei fünfjährige Amtszeiten den Konzern bis 2025 steuert. Der Tradition folgend Mit dem Aufstieg des gebürtigen Heidelbergers folgt das Unternehmen einer Tradition. Erstens: Krüger wird aus den eigenen Reihen ersetzt. Zweitens: Der neue CEO ist wie der alte ein Maschinenbauingenieur. Wie viele BMW-Vorstandschefs zuvor verantwortet der Neue das Schlüsselressort Produktion. Krüger, Reithofer und Joachim Milberg waren ebenfalls oberste Chefs der Fertigung, bevor sie den CEO-Posten übernahmen. Drittens: BMW setzt nicht auf einen Alphatyp wie beispielsweise Volkswagen-Chef Herbert Diess. Das Unternehmen rekrutiert für die oberste Führungsebene Personen, die in ihrem Auftreten nach außen zurückhaltender sind. Der mit einer Japanerin verheiratete Vater von zwei Söhnen ist ein Manager der alten Schule. Er gilt als uneitel, ruhig, aber durchsetzungsfähig. Er sei “ein führungsstarker Stratege und Analytiker”, ließ sich Reithofer in einer Pressemitteilung zitieren. Das wirkte wie ein Seitenhieb gegen Krüger.Für BMW ist Zipse bereits seit 28 Jahren tätig. Seine gesamte berufliche Laufbahn verbrachte er in dem Unternehmen. Von 2007 bis 2008 leitete er das Mini-Werk in Oxford. Zwischen 2009 und 2015 übernahm er Stabsfunktionen. Zipse führte die technische Planung, Konzernplanung und Produktstrategie. Im Mai 2015 beerbte er Krüger ein erstes Mal, als er in den Vorstand aufrückte, um von seinem Kollegen das Produktionsressort zu übernehmen. Nun beerbt er ihn zum zweiten Mal.Zipse macht gute Arbeit. Unter seiner Regie setzt BMW ihren Plan schrittweise um, dass in sämtlichen BMW-Werken Modelle mit E-Antrieben und herkömmlichen Verbrennungsmotoren auf einem Band gefertigt werden können. Dieses Vorgehen ist zeitaufwendig und kostet viel Geld. Dadurch sichert sich BMW nach eigener Formulierung aber die Flexibilität, um auf Nachfrageänderungen rasch reagieren zu können. Zipse trieb die Internationalisierung des weltweiten BMW-Produktionsnetzes voran. Zuletzt kam der Standort Mexiko hinzu.Wie Krüger wird sich Zipse in seiner neuen Rolle mit den Themen Handelskonflikte, Brexit, Preiskämpfe in China im Premiumsegment, strengere Abgasvorschriften, EU-Kartellverfahren, Elektroautos und autonomes Fahren befassen. Das sind die Felder, die bei BMW hohe Kosten verursachen und damit die Marge drücken. Da Zipse die unter Krüger beschlossene Strategie mitträgt, ist nicht zu erwarten, dass er eine Kehrtwende vollzieht. Der neue CEO wird voraussichtlich an einigen Stellschrauben drehen, vermutlich die Sparmaßnahmen ausweiten.Am Fahrplan in Bezug auf die Produktstrategie kann er aber wenig ändern, haben doch Vorstand und Aufsichtsrat schon vor Jahren dafür die Weichen gelegt. So wird BMW auch unter seiner Ägide mehrgleisig fahren: Neben Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren wird der Hersteller sein Angebot um Hybridfahrzeuge und rein batteriebetriebene Autos sukzessive erweitern. Krüger hat dabei vor kurzem einen Gang höher geschaltet. Denn die Wettbewerber Daimler und Volkswagen gehen ähnliche Wege mit ehrgeizigen Zielen. Reithofer gab in der Mitteilung bekannt, was er von Zipse erwartet: “Er wird der BMW Group zusätzliche Impulse bei der Gestaltung der Mobilität der Zukunft verleihen.” Neuer Fertigungschef gesucht Das ist für Zipse ein Spagat, hat doch das Management alle Hände voll zu tun, den Konzern in der Profitabilität wieder in die Spur zu bringen.Derweil sucht BMW intern nach einem neuen Produktionsvorstand, der auf Zipse folgt. Nach Informationen der Börsen-Zeitung wird der Aufsichtsrat darüber Ende September entscheiden. Bis dahin soll Einkaufsvorstand Andreas Wendt (61) das Produktionsressort zusätzlich verantworten. Der frühere Leiter des BMW-Werks in Dingolfing rückte Anfang Oktober 2018 in den Vorstand auf. Wendt folgte seinerzeit auf Markus Duesmann, der zu Volkswagen wechselte.