Die Chefs von Bosch, ZF und Conti stehen unter Druck
Chefs der großen Autozulieferer unter Druck
Von Joachim Herr, München, und Carsten Steevens, Hamburg
Für die Chefs der drei größten deutschen Autozulieferer Bosch, ZF und Continental wachsen die ohnehin schweren Aufgaben. Die Nachfrage nach Autos hat sich abgeschwächt, die Produktion stagniert, die operativen Margen waren schon in den vergangenen Jahren relativ niedrig. Alle drei Unternehmen haben zuletzt den Abbau von mehreren Tausend Arbeitsplätzen angekündigt oder angedeutet, auch in Deutschland.
Stefan Hartung (58) steht seit Anfang 2022 an der Spitze von Bosch, dem größten Autozulieferer der Welt. Für ihn kommt es seitdem besonders dick: die Corona-Pandemie, dann der Beginn des Kriegs in der Ukraine, die hohe Inflation. Und das alles, während die Branche noch fieberhaft am Wechsel zur Elektromobilität arbeitet und viel investieren muss. „Das Jahr 2023 war für Bosch schwieriger als erwartet“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung vor einem Monat zur Präsentation der Eckzahlen. „Auch die kommenden Jahre werden uns allen viel abverlangen.“
Margenziel verschoben
Das Erreichen einer operativen Marge von 7%, die für dieses oder nächstes Jahr angepeilt wurde, hat Bosch um ein bis zwei Jahre verschoben. 2023 erzielte das Stiftungsunternehmen 5%. Den angekündigten Abbau von Stellen begründet der promovierte Maschinenbau-Ingenieur Hartung so: „Wir müssen auf die schwächere Auftragslage reagieren und intensiv an unserer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten.“ Nur so lasse sich „das Wachstum der Zukunft finanzieren“.
Gefährdet sind unter anderem 1.500 Arbeitsplätze in der Entwicklung des Verbrennersegments und 1.200 in der Sparte Fahrzeugelektronik. Zudem bereiten Hartung auch die Hausgeräte Sorgen: Wegen der stark abgekühlten Nachfrage stehen in dem Tochterunternehmen BSH 3.500 Stellen auf der Streichliste. Aber nicht nur die Marktschwäche bringt Bosch in die Bredouille. Ein hausgemachtes Problem kommt hinzu: die großen Schwierigkeiten in der Produktion von 48-Volt-Batterien für den wichtigen Kunden Mercedes-Benz.
Die Last der hohen Zinsen
Auch ZF hat sich einen Teil ihrer Probleme selbst geschaffen, sogar ein ganz wesentliches. Holger Klein (53), der seit Anfang des vergangenen Jahres der Vorstandsvorsitzende ist, kämpft mit den hohen Schulden und wegen der stark gestiegenen Zinsen mit den gewachsenen Lasten. Mit der Zinswende ist der rasche Abbau der Verbindlichkeiten dringlicher geworden. Die langfristigen Finanzschulden von ZF betrugen Mitte des vergangenen Jahres etwas mehr als 11 Mrd. Euro.
Dieses schwere Gepäck schleppt ZF seit der Akquisition von TRW im Jahr 2015 und Wabco 2020 mit sich. Klein will sich deshalb auf die rentabelsten Geschäfte konzentrieren. „Wir sehen genau hin, welches Ergebnis welche Produktlinie bringt, und werden weiter harte Entscheidungen treffen müssen“, sagte er im Januar dem „Handelsblatt“. Der Gesamtbetriebsrat befürchtet den Abbau von 12.000 Arbeitsplätzen in Deutschland bis 2030. Mitarbeiter protestierten im Januar vor der Unternehmenszentrale in Friedrichshafen. Sie werfen dem Management Fehleinschätzungen vor.
Aus der Verlustzone
Bei Continental sollen, wie seit Mitte Februar bekannt ist, 7.150 Stellen wegfallen, um die Wettbewerbsfähigkeit des umsatzstärksten Unternehmensbereichs Automotive zu stärken. Für den Bereich, der im abgelaufenen Geschäftsjahr operativ aus der Verlustzone gekommen sein soll, war Nikolai Setzer bis Ende April 2023 in einer Doppelrolle verantwortlich.
Seit Dezember 2020 ist Setzer Vorstandschef des Autozulieferers und Reifenherstellers in Hannover. Dass der 52 Jahre alte Diplom-Wirtschaftsingenieur, der seit 1997 für Continental tätig ist, an der Spitze das Vertrauen des Aufsichtsrats genießt, wurde im vorigen Frühjahr mit der Vertragsverlängerung um fünf Jahre bis Ende März 2029 dokumentiert. Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle unterstrich auch gegen Ende vergangenen Jahres, er unterstütze die Strategie des Vorstands um Setzer „voll und ganz“.
Neuorganisation als Option
Im Dezember hatte der Vorstand Ziele konkretisiert, die in drei bis fünf Jahren einen Umsatz von 51 bis 56 Mrd. Euro sowie eine bereinigte Ebit-Marge für den Gesamtkonzern von 8 bis 11% vorsehen – nach erwarteten Erlösen im vergangenen Jahr von 41 bis 43 Mrd. Euro und einer avisierten bereinigten Ebit-Marge von 5,5 bis 6,5%. Für den Automotive-Bereich sieht die Strategie eine stärkere Konzentration auf wachstumsstarke und wertschaffende Geschäfte vor. Neue strategische Optionen will sich Continental mit der Vorbereitung der organisatorischen Unabhängigkeit des Geschäftsfelds User Experience (Anzeige- und Bediengeräte) verschaffen. Zudem prüft der Konzern Maßnahmen für weitere Aktivitäten im Automotive-Bereich mit einem Gesamterlösvolumen von zuletzt voraussichtlich 1,4 Mrd. Euro.
Die Forschungsquote soll sinken
Durch den Abbau von 5.400 Stellen zur Verschlankung von Geschäfts- und Verwaltungsstrukturen in dem Bereich will Continental von 2025 an jährlich 400 Mill. Euro sparen. Von Maßnahmen, um die Effizienz der Forschung und Entwicklung (F&E) zu verbessern, sind weitere 1.750 Arbeitsplätze betroffen. Die F&E-Quote im Automotive-Bereich soll bis 2028 auf 9% sinken – von erwarteten rund 12% im vergangenen Jahr. An diesem Donnerstag legen die Hannoveraner ihre Zahlen für 2023 vor.