Britischer Einzelhandelskönig nutzt Chance zum Exit
Von Andreas Hippin, LondonDer ehemalige britische Einzelhandelskönig Philip Green (68) hat sich bereits beim Zusammenbruch von British Home Stores (BHS) als Zielscheibe angeboten. Doch fuhr nicht er die marode Kaufhauskette vollends gegen die Wand, sondern Dominic Chappell, der sie dem für seinen opulenten Lebensstil bekannten Milliardär kurz zuvor zum symbolischen Preis von einem Pfund abgenommen hatte. Doch wie sich herausstellte, klaffte in der Pensionskasse des Unternehmens ein mehr als 500 Mill. Pfund tiefes Loch. Green war am Ende gezwungen, 363 Mill. Pfund einzuzahlen.Nun wirft die Zahlungsunfähigkeit seiner Arcadia Group, zu der unter anderem die Ketten Topshop, Miss Selfridge und Dorothy Perkins gehören, Fragen auf. Am Ende fehlten 30 Mill. Pfund, um den Status quo aufrechtzuerhalten. Dass der Sports-Direct-Gründer Mike Ashley Green einen Kredit von 50 Mill. Pfund anbot, darf man als kleine Gehässigkeit unter Superreichen werten. Denn für die Familie Green wäre es sicher kein Problem gewesen, den nötigen Betrag einzuschießen, um die Gruppe über Wasser zu halten. Schließlich schüttete die Gruppe vor 15 Jahren 1,2 Mrd. Pfund an seine Ehefrau Tina aus. Wenn Green so einen guten Riecher fürs Geschäft hatte, wie ihm gemeinhin unterstellt wird, sollte er das Familienvermögen seitdem mindestens verdoppelt haben, zumal er sich auf vertrautem Terrain bewegte.Doch spricht vieles dafür, dass er die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie als Chance für den Exit bei Arcadia nutzte. Denn die großzügige Dividende schwächte langfristig die Bilanz der Gruppe, die auch bei den Einzahlungen in ihre Pensionskasse im Verzug war. Im Gegensatz zu vielen Rivalen konnte Topshop während der Ausgangsbeschränkungen die Kundschaft nicht auf eine Online-Präsenz umlenken, weil in der Vergangenheit die Voraussetzungen dafür nicht geschaffen wurden. Es wurde schlicht nicht genug investiert. Arcadia stand zuletzt – wie viele Einzelhandelsketten, die den Übergang von der analogen in die digitale Welt verschliefen – vor enormen Herausforderungen. Green wollte sich ihnen nicht stellen.Er muss es auch nicht. Schließlich kann er mit seinem Eigentum machen, was er will. Das galt schon für John Towers, Peter Beale, Nick Stephenson und John Edwards, die “Phoenix Four”, die BMW vor 20 Jahren MG Rover abnahmen. Und Green hat aus BHS gelernt: Der Pension Protection Fund segnete im vergangenen Juni einen Sanierungsplan für Arcadia ab. Von dieser Seite droht ihm wohl kein Ungemach. Vielleicht tritt er schon bald als Käufer bei der Verwertung der attraktivsten Assets von Arcadia auf. Zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls. Schlechte Presse stört ihn nicht.