Energiebranche

Bruch führt Siemens Energy Schritt für Schritt in neue Höhen

Der Aktienkurs von Siemens Energy eilt von Rekordhoch zu Rekordhoch. Vorstandsvorsitzender Christian Bruch bleibt aber auf dem Boden. Sein Motto: Schritt für Schritt vorankommen.

Bruch führt Siemens Energy Schritt für Schritt in neue Höhen

Bruch bringt Siemens Energy Schritt für Schritt voran

Der Unternehmensname ist unverändert, das Geschäftsmodell hat Bestand, und auch CEO und CFO stehen weiterhin an der Spitze. Doch der Wandel von Siemens Energy in den vergangenen zwölf Monaten ist gravierend. Wenn der Vorstandsvorsitzende Christian Bruch am 13. November die Ergebnisse des Ende September beendeten Geschäftsjahres präsentiert, tut er dies in einer völlig anderen Situation als ein Jahr zuvor.

Zur Jahrespressekonferenz am 15. November 2023 hatte Bruch eine Serie von Prognosesenkungen hinter sich und musste den Staat um Bürgschaften angehen. In der Folge war der Aktienkurs am 26. Oktober auf einen Schluss-Tiefstand von 6,87 Euro gesunken, und auch am Tag der Jahrespressekonferenz lag der Xetra-Schlusskurs mit 11,15 Euro weit unter früheren Bewertungen.

Von Rekordhoch zu Rekordhoch

In gut zwei Wochen kann Bruch dagegen bilanzieren, dass das Geschäftsjahr 2023/2024 besser gelaufen ist als anfangs vorhergesagt. Die Erwartungen im Turnusverlauf wurden erstmals seit langem etwas nach oben geschraubt. Nach vier Verlust-Jahren, in denen mehr als 7 Mrd. Euro versenkt wurden, wird Siemens Energy wieder profitabel sein. Ein Gewinn nach Steuern von bis zu 1 Mrd. Euro steht im Prognosebericht.

Dass Sondergewinne für den Rückenwind sorgten, spielt für den Kapitalmarkt eine untergeordnete Rolle. Die Investoren blicken auf die Zukunft, und ihrer Meinung sind die Megatrends der Elektrifizierung, Dekarbonisierung und Dezentralisierung der Energieerzeugung intakt. Die Anleger gewinnen zudem langsam Zuversicht, dass Bruch das defizitäre Windgeschäft auf Renditekurs bringen kann. Zudem diagnostizierten sie eine Unterbewertung im Vergleich zu Wettbewerbern. Die Folge: Der Aktienkurs im vergangenen Geschäftsjahr um fast 170% gestiegen. Mit 36,85 Euro hat er im laufenden Monat den bisher höchsten Stand erreicht, denn im laufenden Turnus ging es weiter nach oben: Das Plus im neuen Geschäftsjahr beträgt mittlerweile fast ein Zehntel.

Vertrag verlängert

Bruch ist nicht der Typ Manager, der sich durch derlei Zuspruch aus der Fassung bringen lässt – so wenig, wie er seine Linie aufgrund des zuvor vorherrschenden Pessimismus verließ. Seine Philosophie: Das Unternehmen solle Schritt für Schritt vorankommen. „Das ist nicht immer wahnsinnig aufregend“, sagte er anlässlich der Präsentation der Quartalszahlen im vergangenen August, „aber das ist genau das, was wir erreichen wollen“.

Im Aufsichtsrat unter dem Vorsitzenden Joe Kaeser kommt derlei Beharrlichkeit an. Das Gremium verlängerte im September den Vertrag von Bruch, der im Geschäftsjahr 2022/2023 einen Verlust von 4,6 Mrd. Euro verantworten musste. Der 54-Jährige wird dieser Planung zufolge nun bis April 2030 an der Spitze von Siemens Energy stehen.

Größtes Sanierungsprojekt

„Christian Bruch und sein Team haben mit beispiellosem Einsatz die konventionellen Geschäfte auf neue Ebenen gehoben und den existenziellen Verfall des Windgeschäfts gestoppt“, lobte Kaeser aus diesem Anlass. Erste Wirkungen daraus seien bereits sichtbar: „Die geplante Rückkehr des Windgeschäfts in die Gewinnzone ab 2026 wird eines der größten Sanierungsprojekte der Siemens-Geschichte abschließen.“ Und sogar der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Robert Kensbock, lieferte Zitate zur Pressemitteilung für die Vertragsverlängerung: Es werde damit sowohl intern als auch extern ein positives Zeichen gesetzt.

Bruch selbst ist klar, dass er noch viel Arbeit vor sich hat. Die Prioritäten seien profitables Wachstum, Sanierung des Windgeschäfts und die weitere Stärkung der Bilanz, pflegt er auszuführen. Analysten setzten darauf, dass Bruch diese Ziele am 13. November mit mehr Leben füllt. Der Manager könnte vor dem Hintergrund der vergangenen Monate zuversichtlichere Töne anschlagen, was die mittelfristige Entwicklung angeht – nachdem die Altlasten im Auftragsbestand bis 2026 abgearbeitet sein sollen.

Von Michael Flämig, München