Hedgefonds-Größe

Carl Icahn wagt sich nach Short-Attacke wieder aus der Deckung

Eine Short-Attacke auf sein Investment-Konglomerat hat Hedgefonds-Legende Carl Icahn im vergangenen Jahr Milliarden Dollar gekostet und seine Reputation beschädigt. Nun meldet sich der Aktivist aber unter anderem mit einer Beteiligung am Billigflieger Jetblue zurück.

Carl Icahn wagt sich nach Short-Attacke wieder aus der Deckung

Carl Icahn wagt sich nach
Short-Attacke wieder vor

Von Alex Wehnert, New York

Betrachtet das Glas als halb voll: Hedgefonds-Größe Carl Icahn.

Hedgefonds-Legende Carl Icahn wagt sich nach schwierigen Monaten wieder aus der Deckung. Der aktivistische Investor tritt im laufenden Jahr wieder offensiver bei Firmen wie der Billigairline Jetblue oder dem Versorger American Electric Power auf, nachdem eine Shortseller-Attacke auf seine Firma Icahn Enterprises ihn im vergangenen Mai abrupt ausgebremst hatte.

Der Leerverkäufer Hindenburg argumentierte damals, dass das Konglomerat überbewertet sei und Assets zu aufgeblähten Preisen auf der Bilanz führe. Zudem habe Icahn Anteile an der eigenen Firma im großen Stil als Besicherung für Margin Loans genutzt, um neue Investments zu finanzieren. Icahn Enterprises verlor auf die Attacke hin rund die Hälfte ihres Börsenwerts, das Privatvermögen des Gründers ist laut dem Bloomberg Billionaires Index von einst rund 25 Mrd. Dollar auf aktuell 6,26 Mrd. Dollar geschrumpft.

Reputation geschädigt

Infolge des Hindenburg-Angriffs musste Icahn die Dividende um die Hälfte zusammenstreichen – die erste Kürzung seit 2011. Zudem signalisierte die Hedgefonds-Größe, die am Freitag 88 Jahre alt wird, verlustreiche Wetten gegen den US-Aktienmarkt zurückfahren und sich wieder stärker auf den Shareholder-Aktivismus konzentrieren zu wollen. Doch die Short-Attacke reduzierte nicht nur Icahns finanziellen Spielraum, sondern beschädigte auch seine Reputation als einer der gefürchtetsten aktivistischen Investoren.

Insbesondere mit seinem Engagement bei Jetblue will Icahn nun zeigen, dass er Unternehmensdirektoren noch immer Schauer über den Rücken jagen kann. Icahn Enterprises legte zu Beginn der laufenden Woche offen, dass sie eine Beteiligung von nahezu 10% an der Billigfluggesellschaft aufgebaut hat – und zeigt sich interessiert daran, auch im Verwaltungsrat vertreten zu sein. Die Jetblue-Aktie legte auf die Bekanntmachung hin kräftig zu, der erst seit Montag amtierenden Airline-Chefin Joanna Geraghty dürfte Icahns Engagement dennoch schweres Kopfzerbrechen bereiten.

Merger blockiert

Die bisherige Unternehmenspräsidentin soll den Billigflieger nach von Verlusten und einem Schwund von Marktanteilen an wichtigen Flughäfen geprägten Jahren wieder auf Kurs bringen. Diese Aufgabe schätzen Analysten schon als schwer genug ein, da US-Regulatoren einen hoffnungsvoll erwarteten Merger von Jetblue mit Spirit Airlines blockieren.

Die Fluggesellschaft argumentierte, dass der Deal ihre Wachstumsambitionen stützen und sie in die Lage versetzen würde, stärker mit den großen US-Airlines zu konkurrieren. Der Richter in dem Kartellverfahren folgte aber der Argumentation des US-Justizministeriums, dass eine Fusion zwischen Jetblue und Spirit wettbewerbsschädlich sein und zu steigenden Preisen führen würde.

Turbulente Historie

Icahns turbulente Historie in der Luftfahrtbranche dürfte beim Jetblue-Management nun erhebliche Bedenken ausgelöst haben. In den 1980er Jahren formte er durch den Leveraged Buy-out von Trans World Airlines (TWA) seinen Ruf als Vorreiter unter den Corporate Raiders. Er verkaufte damals systematisch profitable Assets der Fluggesellschaft, um zur Finanzierung der Übernahme aufgenommene Kredite zurückzahlen zu können.

Die London-Routen gingen 1991 für 445 Mill. Dollar an American Airlines, im gleichen Jahr musste TWA Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragen. Icahn stieg 1993 mit hohen Investmentgewinnen aus, hinterließ aber einen Schuldenberg und einen Ticket-Discount-Deal mit seinem Reisebüro Karabu, der TWA nur zwei Jahre später in die nächste Insolvenz trieb. American Airlines übernahm die einstige Luftfahrt-Ikone schließlich im Jahr 2001.

Keine Altersmilde

Bei der für ihre mangelnde Zuverlässigkeit bekannten Jetblue sieht Icahn nun angeblich Möglichkeiten, den Kurs anzukurbeln. Zuletzt hat das Unternehmen Maßnahmen verkündet, um Kosten zu drücken, darunter ein Abschied von unprofitablen Routen. Das Management kann sich nun indes darauf einstellen, dass ihm ein Aktionär im Nacken sitzt, der seit seinen Tagen als Corporate Raider nicht eben altersmilde geworden ist.

So zeigt sich Icahns Biss auch an seiner Kampagne beim Gentechnik-Konzern Illumina, die er auch während der Short-Attacke auf sein eigenes Unternehmen weiterführte. Die Hedgefonds-Legende kritisierte die 2020 angekündigte Übernahme des Krebstestherstellers Grail durch die Kalifornier wiederholt scharf, inzwischen sieht sich Illumina gezwungen, das Biotech-Unternehmen loszuwerden. Icahn hat den Verwaltungsrat des Konzerns in diesem Zusammenhang wegen Pflichtvernachlässigung verklagt – und will die Direktoren nun noch vor der Grail-Veräußerung absägen.