CDU-Mitglieder wählen Merz zum Parteichef
Von Angela Wefers, Berlin
Der frühere Unionsfraktionsvorsitzende und Aufsichtsratschef der deutschen BlackRock, Friedrich Merz rückt an die Spitze der CDU. Er folgt auf Armin Laschet. Für Merz stimmte eine klare Mehrheit von 62,1% in einer Mitgliederbefragung der CDU. Seine Konkurrenten, der Außenpolitiker Norbert Röttgen und der bisherige Kanzleramtschef Helge Braun, erhielten 25,8% und 12,1%. Es war die erste Mitgliederentscheidung in der CDU über einen Parteivorsitz. Nachdem die Nachfolge von Angela Merkel an der CDU-Spitze zweimal gründlich schiefging, hat auch die CDU nun das basisdemokratische Instrument erprobt. Zwei Drittel der rund 400000 Mitglieder beteiligten sich. Formal dürfte es noch bis Ende März dauern, bis der Neue Parteichef ist. Der Bundesvorstand wird ihn den Delegierten beim Online-Parteitag am 21./22. Januar zur Wahl vorschlagen. Dann muss die Wahl schriftlich bestätigt werden. Zudem wird der gesamte Bundesvorstand neu gewählt – als Folge der Niederlage bei der Bundestagswahl.
Merz rückt nun im dritten Anlauf an die Spitze der CDU und wird ihr zehnter Vorsitzender seit Konrad Adenauer. Merkel hatte das Amt Ende 2018 aufgegeben, um neue Zeiten einzuleiten. Merz unterlag zunächst Annegret Kramp-Karrenbauer und dann Laschet, der erst seit Januar 2021 im Amt ist. Er hatte nach der verlorenen Bundestagswahl im September seinen Rückzug ankündigt. Nach der Entscheidung der Mitglieder rief Merz die Partei zu einem „guten Miteinander“ auf. „Wir sind nicht für uns selbst da, sondern wir haben einen Auftrag“, sagte er mit Verweis auf die neue Oppositionsrolle im Bundestag. Die CDU sei eine lebendige Partei, die mitwirken wolle und die als Volkspartei Deutschlands im 21. Jahrhundert ihren Platz haben werde.
Mann der Wirtschaft
Mit Merz steht künftig ein Mann an der Spitze der CDU, der stärker polarisiert als moderiert. Er stammt aus dem Wirtschaftsflügel der Partei. Im Jahr 2000 wurde er Fraktionschef der CDU/CSU im Bundestag. 2002 verdrängte ihn Merkel als frisch gebackene Parteichefin von diesem Posten. Aus dem Adenauer-Haus allein führt kein Weg an die Macht.
Der heute 66-jährige Jurist verließ 2009 die Politik und suchte berufliche Erfüllung in der Wirtschaft. Er fand sie als Anwalt und in diversen einflussreichen Aufsichtsratsmandaten. Den Kontakt in die Union hat er stets gehalten. Seit Juni 2019 stand er als Vizepräsident an der Spitze der parteinahen Unternehmervereinigung „Wirtschaftsrat der CDU“. Ein Bundestagsmandat hat er erst wieder seit dieser Legislaturperiode. In seinem früheren Wahlkreis Hochsauerland gewann er das Direktmandat.
Merz war für den Parteivorsitz im Team mit Mario Czaja (46) als Generalsekretär und Christina Stumpp (34) als dessen Vize angetreten. Mit Czaja, dem früheren Berliner Gesundheitssenator, deckt Merz den Osten ab und gewinnt einen kampagnenfähigen Mitstreiter. Czaja hatte der Linken Petra Pau das viele Jahre verteidigte Direktmandat in der Berliner Plattenbauhochburg Marzahn abgenommen. Zugleich gehört Czaja seit diesem Jahr zum Sozialflügel CDA. Eine Volkspartei lässt sich nicht allein mit einem scharfen wirtschaftspolitischen Profil zusammenhalten. Stumpp stammt aus Backnang. Die junge Mutter soll Vorbehalte der Frauen gegen den konservativen Merz aus dem Weg räumen.
Die Frage der Kanzlerkandidatur lässt Merz offen. Der Parteivorstand werde für zwei Jahre gewählt. Die Tage von Ralph Brinkhaus, der Fraktionschef der CDU/CSU im Bundestag bleiben will, könnten indessen gezählt sein. Merz dürfte von Merkel gelernt haben. Bei einem Machtkampf ist allerdings Fingerspitzengefühl in der desolaten Lage der Partei gefragt. Brinkhaus ist bis Ende April 2022 gewählt. Da steckt die CDU mitten im Wahlkampf in drei Bundesländern, wo sie den Ministerpräsidenten weiterhin stellen will: Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Zwietracht in der Partei, das hat die Erfahrung gelehrt, ist kein Stimmenfänger.