CEO-Vergütung in USA auf Rekordniveau
Von Norbert Kuls, New York
Die Vorstandsvorsitzenden großer amerikanischer Unternehmen müssen sich trotz Corona-Pandemie und wirtschaftlicher Herausforderungen keine Sorgen um ihre Vergütung machen. Nach einer Untersuchung des „Wall Street Journal“ stieg die CEO-Vergütung bei mehr als 300 der größten börsennotierten US-Unternehmen 2020 im Vorjahresvergleich im Median um 7% – auf ein Rekordniveau von 13,7 Mill. Dollar. Fast zwei Drittel der Vorstandschefs, für die Gehaltsdaten vorlagen, verdienten mehr als im Vorjahr.
Trotz verbreiteter Umsatzeinbußen stieg das Vergütungsniveau an, da einige Unternehmen als Reaktion auf die pandemiebedingten Schwierigkeiten die vorher vereinbarten Leistungsziele oder Gehaltsstrukturen ihrer Spitzenmanager an die neue Lage anpassten. „Ich glaube nicht, dass es schon einmal eine derartig große Zahl von Änderungen in den Leistungsanreiz-Programmen gegeben hat“, kommentierte Shaun Bisman, Fachmann für Gehälter und Unternehmensführung bei Compensation Advisory Partners, einer Beratungsgesellschaft in New York.
Auf dem Höhepunkt der Krise hatten einige Vorstandsvorsitzende zwar medienwirksam Gehaltskürzungen angekündigt. Auf die Gesamtvergütung der Spitzenmanager hatte das aber kaum Auswirkungen, da ein Großteil ihrer Vergütung in Form von Aktien erfolgt. Die Erholung des amerikanischen Aktienmarktes nach einem kurzzeitigen Rückschlag im März 2020 hat das Vergütungsniveau ebenfalls in die Höhe getrieben.
In einigen Fällen, unter anderem bei der Kaffeekette Starbucks und der Drogeriekette Walgreens, haben Investoren kritisch reagiert. Sie verweigerten den Vergütungspraktiken auf der Hauptversammlung ihre Zustimmung und erhöhten so den Druck auf die Verwaltungsräte der Unternehmen. Abstimmungen über Vorstandsgehälter sind allerdings nicht bindend. Da die Saison der Jahreshauptversammlungen gerade erst begonnen hat, steht bei vier Fünfteln der Unternehmen im Aktienindex S&P 500 ein Votum noch aus.
Bei einigen Großverdienern verdienten allerdings auch die Aktionäre mit. Angeführt wird die Liste der Spitzenverdiener von Chad Richison, dem Gründer und CEO der in Oklahoma City beheimateten Paycom Software – eines auf die Abwicklung von Gehaltszahlungen spezialisierten Technologiekonzerns. Richisons Gesamtvergütung belief sich im vergangenen Jahr auf 211 Mill. Dollar, wovon der Löwenanteil aus verkaufsbeschränkten Aktien besteht. Der Aktienkurs von Paycom stieg im gleichen Zeitraum immerhin um rund 70% – mehr als viermal so stark wie der S&P 500.
Anders sah das bei General Electric (GE) aus, der einstigen amerikanischen Industrie-Ikone. Der Kurs von GE beendete das vergangene Jahr mit einem leichten Minus, weil der Flugzeugmotorenhersteller unter der Malaise der Luftfahrtbranche litt. Der seit 2018 amtierende CEO Lawrence Culp, der GE aus der Misere führen will, war mit einem Vergütungspaket im Wert von 73 Mill. Dollar dennoch der am zweitbesten entlohnte CEO. Das geht auf leistungsabhängige Aktienpakete zurück, die Culp bei der Verlängerung seines Vertrags im Sommer erhalten hat und auf die er erst 2024 Zugriff hat. Culp hatte für 2020 allerdings auf einen Teil seines Grundgehalts und den normalerweise in bar gezahlten Bonus verzichtet.
Für Verwunderung sorgte die sprunghaft angestiegene Bezahlung von Frank Del Rio, dem CEO des in Florida beheimateten Kreuzfahrtbetreibers Norwegian Cruise Line. Nach Umsatzeinbußen von 80% wegen der pandemiebedingten Absage von Reisen, einem Milliardenverlust und einem um mehr als die Hälfte eingebrochenen Aktienkurs verdoppelte sich Del Rios Gehalt für 2020 auf 36,4 Mill. Dollar. Das geht zum Teil auf Bonuszahlungen zurück, die an eine dreijährige Vertragsverlängerung gebunden waren, also eine Art Halteprämie. „Wir glauben, dass diese Änderungen im besten Interesse des Unternehmens waren und Del Rios unschätzbares Fachwissen sicherten“, sagte ein Sprecher.