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CEOs von Shell und BG in der Top-Liga

Von Ulli Gericke, Berlin Börsen-Zeitung, 9.4.2015 Die geplante Übernahme des Gasförderers BG Group durch Shell ist mit umgerechnet 64 Mrd. Euro nicht nur die größte Akquisition in der Energiebranche seit gut zehn Jahren. Auch die Chefs beider...

CEOs von Shell und BG in der Top-Liga

Von Ulli Gericke, BerlinDie geplante Übernahme des Gasförderers BG Group durch Shell ist mit umgerechnet 64 Mrd. Euro nicht nur die größte Akquisition in der Energiebranche seit gut zehn Jahren. Auch die Chefs beider Konzerne spielen mit ihren Gehältern in der obersten Liga. Ben van Beurden, CEO von Royal Dutch Shell, war mit einem Einkommen von 24,2 Mill. Euro im vergangenen Jahr nach Recherchen der britischen Zeitung “The Guardian” der zweithöchstbezahlte Manager im gesamten englischen Index FTSE 100. Nicht viel schlechter hatte Helge Lund verhandelt, als er im vergangenen Herbst seinen Wechsel von Norwegen an die Spitze von BG, der einstigen British Gas, unterschrieb. Satte 25 Mill. Pfund (heute gut 34 Mill. Euro) sollte der bisherige Chef des nordischen Staatskonzerns Statoil bekommen, davon allein 12 Mill. Pfund als Begrüßungsgeld. Als dieses überaus üppige “golden hello” bekannt wurde, brandete in der Öffentlichkeit, aber auch bei großen Aktionären heftige Empörung hoch. Daraufhin sah sich der Board gezwungen, den Willkommensgruß von 12 auf 4,7 Mill. Pfund einzudampfen – als hätte er geahnt, dass der erst vor zwei Monaten angetretene Lund ohnehin nur kurze Zeit bei BG bleibt. Er werde “sein eigenes Ding machen”, wenn die Übernahme vollendet sei, verabschiedete Shell-Chef van Beurden gestern Lund schon einmal vorausblickend in einem Fernsehinterview. “Unüblich hohe” VergütungDas “unüblich hohe” Top-Gehalt des eigenen CEO begründete Shell mit Einmaleffekten wie Pensionsgeldern und Steuerausgleichszahlungen, die durch den Wechsel an die Shell-Spitze und den damit verbundenen Ortswechsel von den Niederlanden nach Großbritannien anfielen. Gleichwohl sei das Gehalt gerechtfertigt, rechtfertigte ein Shell-Sprecher – auch wenn van Beurdens Entgelt im Vorjahr doppelt so hoch ausfiel wie das von Bob Dudley, dem CEO des Wettbewerbers BP.Die Berufung van Beurdens zum Chef des größten europäischen Ölkonzerns ab 2014 kam für fast alle Beobachter überraschend. Statt des Niederländers, der in zwei Wochen 57 Jahre alt wird, waren als Nachfolger von Peter Voser eher die Kollegen im Executive Committee Simon Henry, Marvin Odum oder Andrew Brown erwartet worden – getreu der Shell-Tradition, den Mann an der Spitze aus den eigenen Reihen zu bestellen. Henry ist seit 2009 als CFO zuständig für Finanzen. Odum verantwortet das Fördergeschäft (“Upstream”) in Amerika, Brown ist Chef der internationalen Exploration.Der Chemieingenieur van Beurden, der an der Technischen Universität Delft studiert hatte, arbeitete dagegen eher im Verborgenen – und das seit 1983. In dieser Zeit hatte er eine Reihe wichtiger Positionen sowohl auf der Upstream- als auch auf der Downstream-Seite inne. Allein zehn Jahre verbrachte er im Flüssiggasgeschäft (LNG), das jetzt durch die BG-Übernahme nennenswert gestärkt wird. Trotz seiner 30-jährigen Betriebszugehörigkeit stieg er erst Anfang 2013 in das Executive Committee von Shell auf, das operative Führungsgremium. Dort wurde er als “Downstream Director” zuständig für Raffinerien, Chemie und Tankstellen. Daneben trug er die regionale Verantwortung für Europa und die Türkei.Kaum im Amt, musste der neueCEO einen herben Gewinneinbruch für das abgelaufene Jahr verkünden. “Unsere Performance 2013 entspricht nicht dem, was ich von Shell erwarte”, sagte van Beurden. Sowohl im Upstream als auch im Downstream ging der Gewinn in den Keller. Er werde sich auf die Verbesserung der Ergebnisse fokussieren. Nur wenig später kündigte der Konzern an, die umstrittene Ölsuche vor der Küste von Alaska aufgeben zu wollen. Wiederum nur Wochen später werden die Raffinerie im australischen Geelong und 870 Tankstellen für 2,6 Mrd. Dollar verkauft. Dann werden Milliarden im Raffineriegeschäft abgeschrieben und Pipelines in New York an die Börse gebracht, wo die Aktien aktuell bei knapp 39 Dollar nicht ganz 7 Dollar höher notieren als beim IPO. Kein Zweifel, der Mann ist ein Macher – wie auch der BG-Deal belegt. Dagegen zeigen sich die Hobbys des verheirateten Vaters von vier Kindern ausgesprochen zahm: Lesen, Laufen und Reisen mit der Familie. An der Spitze von StatoilWährend der Chefwechsel bei Shell zwar überraschend, aber geordnet verlief, tat sich die BG Group schwer, einen Nachfolger für Frank Chapman zu finden, der sich nach gut einem Jahrzehnt an der Spitze Ende 2012 zur Ruhe setzte. Chris Finlayson ging bereits Ende März 2014 wieder. Es folgten Monate ohne CEO – was die Verhandlungsposition von Lund (auch bei finanziellen Fragen) erheblich verbesserte. Nach einem Studium an der Handelshochschule in Bergen arbeitete der heute 53-Jährige zunächst als Berater bei den Konservativen im norwegischen Parlament. Nach einer Zeit bei McKinsey ging er erst zu Nycomed, dann als Chef zum Öldienstleister Aker Kvaerner. Von dort wechselte er 2004 an die Spitze von Statoil und machte den Konzern mit der Übernahme der Öl- und Gasvorkommen von Norsk Hydro groß. Ab sofort ist er Abwickler der BG Group.