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Chefs von Uber und Grubhub arbeiten an Riesendeal

Von Norbert Kuls, New York Börsen-Zeitung, 15.5.2020 Dara Khosrowshahi und Matt Maloney haben viel Erfahrung mit Fusionsverhandlungen. Khosrowshahi (50), seit drei Jahren Vorstandschef des amerikanischen Fahrdienstleisters Uber Technologies, hat...

Chefs von Uber und Grubhub arbeiten an Riesendeal

Von Norbert Kuls, New York Dara Khosrowshahi und Matt Maloney haben viel Erfahrung mit Fusionsverhandlungen. Khosrowshahi (50), seit drei Jahren Vorstandschef des amerikanischen Fahrdienstleisters Uber Technologies, hat in seiner früheren Rolle als Chef des Reiseportals Expedia mehr als 40 Übernahmen gestemmt. Maloney (44), Mitgründer und CEO des zweitgrößten amerikanischen Essenslieferdienstes Grubhub, war nicht ganz so aktiv, kam aber auch auf rund ein Dutzend Fusionen und Übernahmen – darunter der Zusammenschluss mit dem Konkurrenten Seamless vor sieben Jahren – ein Jahr vor dem Börsengang an der New York Stock Exchange.Jetzt verhandeln die beiden Übernahmeprofis über den größten Deal ihrer Karriere: Uber will Grubhub übernehmen und mit seinem eigenen Essenslieferdienst Uber Eats, dem drittgrößten Anbieter, verschmelzen. Damit wären sie Marktführer in der umkämpften Branche. Nach Medienberichten könnte Uber rund 6 Mrd. Dollar für den Konkurrenten zahlen. Khosrowshahi und Maloney, die sich seit Jahren kennen, hatten schon im Februar mit Sondierungsgesprächen begonnen.An der Börse wurde ein potenzieller Deal positiv aufgenommen. Nachdem die Nachricht am Dienstag die Runde machte, schnellte der Aktienkurs von Grubhub um 29 % in die Höhe. Der Aktienkurs von Uber reagierte mit einem Plus von mehr als 2 %. Am Mittwoch emittierte Uber dann Anleihen im Volumen von 900 Mill. Dollar. Das Kapital kann für Akquisitionen genutzt werden.Spekulationen über eine Übernahme von Grubhub und eine allgemeine Konsolidierung bei Essenslieferanten in den Vereinigten Staaten sind nicht neu. Es drängen sich viele Anbieter auf dem Markt, angesichts von Rabattschlachten rückt die Aussicht auf Gewinne in immer weitere Ferne. Schon im Januar hatten Anleger daher auf eine potenzielle Fusion von Uber Eats und Grubhub gewettet, nachdem Maloney die Wall Street mit einer Umsatz- und Gewinnwarnung geschockt hatte. Es gab Gerüchte über eine Prüfung “strategischer Optionen”, worauf Maloney ein vorsichtig formuliertes Dementi abfassen ließ. Es gebe “derzeit” keine Verkaufspläne. Khosrowshahi hatte immer betont, dass Uber Eats organisch, also ohne Akquisitionen wachsen wolle.Die harte Konkurrenz und die Folgen der Corona-Pandemie bringt die Manager nun in Zugzwang. Das Fahrgeschäft von Uber ist angesichts der Kontaktbeschränkungen und des Konjunkturabschwungs eingebrochen. Aber die Nachfrage nach Essenslieferungen steigt, weil Millionen Menschen zu Hause blieben müssen. Khosrowshahi sieht in diesem Bereich offensichtlich ein größeres Wachstumspotenzial für Uber. Von einer Fusion versprechen sich die Unternehmen enorme Kosteneinsparungen von mehr als 300 Mill. Dollar. Die Einsparungen könnten aus einer verbesserten Logistik nach der Integration, niedrigeren Aufwendungen für Marketing und Entlassungen resultieren. Das wäre das gleiche Drehbuch, mit dem Khosrowshahi das Wachstum von Expedia vorangetrieben hatte. Die beiden letzten großen Übernahmen, die Khosrowshahi für Expedia einfädelte, waren die des Reiseportals Orbitz und des Ferienwohnungsvermittlers Homeaway. Im Jahr 2017 löste er bei Uber den in die Kritik geratenen Mitgründer Travis Kalanick als Vorstandschef ab. Khosrowshahi setzte auf ein Sparprogramm, wagte aber auch Zukäufe. Im Nahen Osten schloss Uber in diesem Jahr die Übernahme des Fahrdienstleisters Careem für 3,1 Mrd. Dollar ab.Aufgrund der Coronakrise kürzt Uber nun aber 14 % der Belegschaft, rund 3 700 Stellen. “Wir konzentrieren uns darauf, durch diese Krise zu navigieren, um in einer absolut stärkeren Position zu sein, wenn sich die Welt zu erholen beginnt”, sagte Khosrowshahi, der im laufenden Jahr auch auf Gehalt und Bonus verzichten will.Sollte ein Deal mit Grubhub zustandekommen, dürfte Khosrowshahi seine Erfahrung mit den amerikanischen Kartellbehörden zugute kommen, die die Übernahme von Orbitz durch Expedia sechs Monate lang geprüft hatten. Uber Eats und Grubhub kamen nach Angaben des Informationsdienstes Second Measure im März in Amerika zusammen auf einen Marktanteil von 48 %. Marktführer ist DoorDash mit 42 %. In Washington regt sich deswegen bereits Widerstand. David Cicilline, Vorsitzender des Unterausschusses für Kartellfragen im Repräsentantenhaus, kritisierte die schlechte Bezahlung von Uber-Fahrern und eine Ausbeutung von Restaurants in durch Grubhub. Cicilline: “Die Übernahmepläne markieren einen neuen Tiefpunkt in der Geschäftemacherei mit der Pandemie.”