Chinas Superreiche im Corona-Rausch
Von Norbert Hellmann, SchanghaiWährend es für weite Teile der Weltbevölkerung in Coronazeiten den Gürtel enger zu schnallen gilt, scheint die Corona-Pandemie der chinesischen Milliardärs-Kaste exzellent zu bekommen. Die jetzt veröffentlichte Hurun Rich List für das Jahr 2020, mit der die Reichsten der Reichen im Reich der Mitte klassifiziert werden, ist um einiges angeschwollen. Genau genommen hat das kollektive Vermögen der dort erfassten chinesischen Milliardäre in der Covid-Zeit um sagenhafte 1,5 Bill. Dollar zugelegt. Da können auch russische Oligarchen nicht mithalten, denn diese Summe entspricht dem gesamten Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Russischen Föderation.Zwar ist Chinas Wirtschaft durch die Coronakrise auf Schlitterkurs geraten, doch scheinen Chinas Superreiche eine ziemlich konjunkturresistente Spezies abzugeben. Dies liegt freilich in erster Linie daran, dass der Aktienmarkt wieder in Hochform gekommen ist. China erlebt eine Riesenwelle von Börsengängen, bei der vor allem Technologiefirmen hervorstechen, denen die Pandemie auch im weltweiten Rahmen bislang wenig anhaben konnte.Um einen Eintrag in der Hurun Rich List zu rechtfertigen, muss man ein Vermögen von mindestens 2 Mrd. Yuan, das sind umgerechnet 250 Mill. Euro, aufweisen können. Dies scheint in China längst kein Kunststück mehr zu sein. In diesem Jahr nämlich haben es über 2 300 Individuen auf die Hurun-Liste geschafft, darunter können sich 878 Personen auch in Dollar gerechnet als richtige Milliardäre verstehen. Damit hat man übrigens auch die USA bereits überholt, betont der Chairman und Chef-Researcher des Hurun Report, Rupert Hoogewerf. So zählt man in Amerika derzeit nur etwa 700 Dollar-Milliardäre. Hoogewerf zufolge ist der Vermögenszuwachs der chinesischen Milliardäre höher als in den fünf vergangenen Jahren zusammengenommen. Ein klarer Reflex des Strukturwandels in China, mit dem die New Economy die traditionellen Reichtumsquellen des Indus-trie- und des Immobiliengewerbes immer weiter ablöst.So nimmt es auch nicht wunder, dass die Gründer und Haupteigner der beiden führenden chinesischen Technologieunternehmen, des E-Commerce-Riesen Alibaba und des Internetgiganten Tencent – als da wären Ma Yun (Jack Ma) und Ma Huateng (Pony Ma) – wie schon in den vergangenen drei Jahren in dieser Reihenfolge Chinas Reichenliste anführen. Jack Ma, der zudem noch den zum Börsengang bereitstehenden Fintech-Konzern Ant Group maßgeblich kontrolliert, verzeichnet einen Zuwachs seines Vermögens um gleich 45 % auf nunmehr 58,8 Mrd. Dollar. Pony Ma ist ihm weiter dicht auf den Fersen und wird nach einer Steigerung um 50 % auf immerhin 57,4 Mrd. Dollar taxiert. Wasser macht auch reich Was danach kommt ist, allerdings eine Überraschung, die bis zum Sommer niemand auf dem Zettel hatte. Nummer drei auf der diesjährigen Hurun-Liste nämlich ist ein gewisser Zhong Shanshan, der es auf ein geschätztes Nettovermögen von 53,7 Mrd. Dollar bringt. Dabei entspringt sein Reichtum einem Low-Tech-Sektor par excellence. Zhong ist nämlich der Gründer und Hauptaktionär des führenden chinesischen Mineralwasserabfüllers, Nongfu Spring. Nach langjährigem Zögern brachte Zhong nun sein Wasserimperium wie auch ein Pharmaunternehmen an die Hongkonger Börse und kam mit beiden Emissionen auf gigantische Kurssprünge.Bei allen Höhenflügen unter Tech-Entrepreneuren gibt es auch einen großen Abstiegskandidaten im Sektor zu vermelden, nämlich den Gründer und Chef des Telekomausrüsters Huawei, Ren Zhengfei. Huaweis Geschicke werden vor allem durch eine gewaltige Anfeindungskampagne der US-Regierung mit begleitender Technologiesperre negativ geprägt und dies färbt auch auf Rens Reichtum ab. Sein Vermögen ist um mehr als 10 % auf nunmehr 2,8 Mrd. Dollar geschmälert worden. Danach wurde Ren auf der Hurun-Reichenliste um gleich 162 Plätze auf Rang 277 nach hinten durchgereicht.