Christian Thimann auf EIOPA-Shortlist
Von Antje Kullrich, Köln
Christian Thimann, Deutschland-Chef des Abwicklers Athora, könnte Nachfolger von EIOPA-Präsident Gabriel Bernardino werden. Der 54-Jährige steht auf der Shortlist, welche die europäische Versicherungsaufsicht am Dienstag veröffentlicht hat. Er tritt gegen die niederländische Assekuranz-Aufseherin Petra Hielkema und Paolo Cadoni von der Bank of England an.
Dass Thimann in die engere Wahl genommen wird, kann als Überraschung gewertet werden. Sein Name tauchte bislang eher nicht bei den Spekulationen über die Bernardino-Nachfolge auf. Doch der promovierte Ökonom verfügt über eine sehr breit gefächerte internationale Finanzmarkt- und Versicherungserfahrung. Thimann war vor einiger Zeit einer der wichtigsten Berater des früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi. Nach dem beruflichen Einstieg beim Internationalen Währungsfonds und insgesamt 13 Jahren in Diensten der Europäischen Zentralbank wechselte er 2014 für viele überraschend zur Axa nach Paris. Bevor er dort 2018 wieder ging, leitete er für die Gruppe den Bereich Regulierung, Nachhaltigkeit und Zukunftsstrategie.
Seit Mitte 2018 ist Thimann Chef von Athora Deutschland. Der Abwickler für Lebensversicherungsbestände versucht sich als einer von drei größeren Run-off-Spezialisten am deutschen Markt zu positionieren. Die wenigen Deals haben jedoch zuletzt andere an Land gezogen: Die Frankfurter Leben schnappte sich die Arag Leben, bei Viridium kam das umfangreiche Leben-Portfolio der Generali unter. Doch der Run-off-Markt in Deutschland kommt nicht recht in Schwung, die früheren Erwartungen haben sich nicht realisiert. So ist es wenig verwunderlich, dass es Thimann wegzieht.
Seine Konkurrenz im Rennen um die Bernardino-Nachfolge verfügt über mehr Erfahrungen in der Versicherungsaufsicht und hat ihm auch schon Einblicke in EIOPA voraus.
Petra Hielkema ist seit 14 Jahren für die niederländische Zentralbank in Amsterdam tätig. Sie hat sich den Großteil ihrer Karriere dort mit Themen der Versicherungsaufsicht beschäftigt mit einem dreijährigen Abstecher in die Zahlungsverkehrs- und Marktinfrastruktur-Abteilung. Seit Anfang 2020 ist sie Direktorin der Versicherungsaufsicht bei der Zentralbank und Leiterin des Ausschusses für Politische Steuerung bei EIOPA.
Cadoni wiederum war zwischen 2009 und 2015 Chef des Ausschusses für die internen Modelle unter SolvencyII bei EIOPA, während er für die britische Finanzaufsicht FSA und später für die Bank of England tätig war. Cadoni arbeitet seit neun Jahren für die Notenbank und leitet dort die Abteilung, die sich mit der Versicherungsregulierung beschäftigt. Er hat auch Funktionen bei der Internationalen Vereinigung der Versicherungsaufseher (IAIS).
Die EIOPA hat die Shortlist an die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament übermittelt. Bis zur Entscheidung könnten noch Monate vergehen. Die EIOPA-Präsidentschaft ist auf zehn Jahre – zwei Perioden je fünf Jahre – begrenzt. Bernardino, der die Kompetenzen seiner Behörde eher weit ausgelegt hat und in der Branche als jovial auftretender, aber strenger Aufseher gilt, ist seit 2011 im Amt.