Claudia Buchs Weg zur EZB-Bankenaufsicht ist frei
Bundesbankvize Claudia Buch wird aller Voraussicht nach ab Januar Chefin der EZB-Bankenaufsicht sein. Das EU-Parlament hat der Berufung der 57 Jahre alten Deutschen am Dienstagmittag zugestimmt. Nun müssen nur noch die Euro-Finanzminister die Personalie absegnen, was als Formsache gilt.
Buch, seit Mai 2014 Vizepräsidentin der Bundesbank, folgt bei der Europäischen Zentralbank (EZB) auf Andrea Enria. Der Italiener leitet die einheitliche Aufsicht über die rund 100 bedeutendsten Banken der Eurozone unter dem Dach der EZB seit 2019. Er scheidet Ende des Jahres turnusgemäß aus dem Amt aus.
Das Prozedere um Enrias Nachfolge ist von einer Kontroverse zwischen EU-Parlament und EZB geprägt. Einige Parlamentarier fühlen sich übergangen, weil sie auf Basis einer informellen Anhörung im Frühjahr eine Präferenz für Buchs Konkurrentin Margarita Delgado aus Spanien ausgesprochen hatten. Der EZB-Rat nominierte dennoch Buch. EZB-Chefin Christine Lagarde verteidigte die Entscheidung öffentlich.
Auswirkungen auf EIB-Chefsuche
Vor zwei Wochen konnte Buch sich dann entscheidende Rückendeckung sichern. Sie bestand die obligatorische Anhörung im Parlamentsausschuss für Wirtschaft und Währung (Econ). Eine knappe Mehrheit der Econ-Mitglieder sprach eine Empfehlung für Buch aus. Das ebnete ihr den Weg zur Mehrheit im Plenum, auf die es ankommt.
Aus Deutschland blieben Buch allerdings Stimmen im EU-Parlament versagt: Die Grünen-Abgeordneten hatten angekündigt, gegen ihre Ernennung zur Chefbankenaufseherin zu stimmen. Sie blieben damit im Zwist mit der EZB hart. Dessen ungeachtet erhielt Buch in geheimer Abstimmung eine komfortable Mehrheit von 357 der 594 abgegebenen Stimmen.
Buch sagte: „Ich freue mich sehr über das positive Votum des Europäischen Parlaments zu meiner Nominierung für den Vorsitz der Europäischen Bankenaufsicht und das mir entgegengebrachte Vertrauen.“
Der gemeinsame Aufsichtsmechanismus (SSM) bekomme "eine Vorsitzende, die die nötige Erfahrung und Ruhe mitbringt, um den europäischen Bankensektor durch schwieriges Fahrwasser zu manövrieren", sagt der CSU-Finanzexperte Markus Ferber. Angesichts der trüben Konjunktur und ihrer Folgen für die Bankbilanzen werde das "in den nächsten Jahren keine Schönwetter-Veranstaltung sein", so Ferber. "Claudia Buch bringt die nötigen Qualitäten mit, um diese Herausforderungen zu meistern.“
Die Berufung Buchs dürfte Auswirkungen auf eine andere Personalentscheidung haben. Die Entscheidung für Buch und gegen Delgado lässt die Chancen von Spaniens stellvertretender Ministerpräsidentin Nadia Calviño im Rennen um die Spitze der Europäischen Investitionsbank (EIB) steigen. Damit sinken die Aussichten für Calviños ärgste Konkurrentin, die langjährige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Bei der EIB scheidet der Deutsche Werner Hoyer zum Jahresende nach zwölf Jahren aus.