Headhunter beauftragt

Commerzbank kommt einfach nicht zur Ruhe

Neue Besen kehren gut, doch bei der Commerzbank nicht allzu lang. Obwohl der dienstälteste Vorstand gerade erstmal fünfeinhalb Jahre dabei ist, werden schon wieder zwei Spitzenposten neu besetzt.

Commerzbank kommt einfach nicht zur Ruhe

Von Anna Sleegers, Frankfurt

An der Commerzbank haben die Headhunter derzeit mehr Freude als die Aktionäre. Gut ein halbes Jahr nach der Neuverteilung der Vorstandsressorts und mitten in einem der größten Restrukturierungsprozesse des Instituts stehen schon wieder zwei Neubesetzungen von Spitzenposten an. Dabei sollte das Institut eigentlich genug mit der laufenden Überarbeitung der Strategie zu tun haben, die sie den Investoren Ende des Monats vorstellen wird.

Stattdessen werden sich nach der nächsten Aufsichtsratssitzung am kommenden Mittwoch aller Voraussicht nach zwei externe Kandidaten in das Privat- und Unternehmerkundengeschäft sowie die IT und die Betriebsorganisation einarbeiten müssen. Wie in der Branche zu hören ist, hat der Aufsichtsrat eine international renommierte Personalberatung mit der Suche beauftragt. Die im vergangenen Jahr vom Bund für die Neubesetzung des Vorstandsvorsitzes durch Manfred Knof ins Spiel gebrachte Headhunterin Christina Virzí kam diesmal offenbar nicht zum Zuge.

Dass schon wieder jemand von außen geholt wird, wirft kein gutes Licht auf Personalpolitik und Unternehmenskultur der Bank. Kaum ein Dax-Konzern leistet sich eine so breite zweite Reihe wie die Commerzbank. Aktuell drängen sich hier 40 Führungskräfte, die das Institut vollmundig als „Bereichsvorstände“ betitelt. Dass trotzdem nur einer von ihnen, der Anfang Januar zum Firmenkundenchef ernannte Michael Kotzbauer, das Zeug für den Aufstieg in den Konzernvorstand hat, lässt tief blicken. Auch die Tatsache, dass Compliance-Chef Marcus Chromik mit gerade einmal fünfeinhalb Jahren das dienstälteste Vorstandsmitglied ist, zeugt von einer prekären Personalsituation.

Hohe Fluktuation

Wie es angesichts der hohen Fluktuation gelingen soll, die gesetzten Restrukturierungsziele zu erreichen, ist ein Rätsel. Denn gerade einer externen Kandidatin (das männliche Pendant ist derzeit in hochkarätigen Stellenbesetzungsverfahren weniger wahrscheinlich, so dass getrost auf ein Gendersternchen verzichtet werden kann) sollte man schon ein paar Monate Zeit geben, eine komplexe Organisation wie die Commerzbank kennenzulernen, um den Hebel richtig anzusetzen. Schneller gehen würde es vielleicht bei Jutta Dönges, die sich, wie das „Manager Magazin“ kürzlich berichtete, selbst als Privatkundenchefin ins Spiel gebracht hat. Nach gut zwei Jahren im Aufsichtsrat ist sie schon fast ein alter Hase. Zumal sich das Gremium zuletzt notgedrungen über die Maßen in die Strategie eingemischt hatte.

Schwerer als die Zweifel an Dönges’ fachlicher Expertise, die sie eher für das Firmenkundengeschäft qualifiziert, würde in diesem Fall jedoch die Außenwirkung wiegen. Immerhin ist Dönges vom Bund in den Aufsichtsrat entsandt. Sollte ausgerechnet sie den unüblichen Wechsel ins operative Geschäft unternehmen, könnten sich vermutlich weder Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) noch sein Staatssekretär Jörg Kukies das Grinsen verbeißen beim Herunterbeten des Mantras, dass der Bund bei der Commerzbank die Zuständigkeit der Organe achte.

Anders als die Suche im Privatkundengeschäft, die schon länger läuft, weil Sabine Schmittroth als Arbeitsdirektorin und Verhandlungsführerin für die Arbeitgeber in den laufenden Tarifverhandlungen mehr als gut ausgelastet ist, kam der Auftrag für die noch von Jörg Hessenmüller ausgefüllte Stelle als IT-Chef erst später hinzu. Ob man ihm das Scheitern der Auslagerung der Wertpapierabwicklung an HSBC tatsächlich anlasten kann, sei dahingestellt. Wahrscheinlich waren die Projektkosten schon unter seinem Vorgänger Frank Annuscheit zu niedrig angesetzt, während der unvorhersehbare Tradingboom des vergangenen Jahres es wieder attraktiver erscheinen lassen dürfte, das Geschäft im Haus zu behalten. Nachdem Hessenmüller dazu die Katze jedoch erst nach seiner Vertragsverlängerung aus dem Sack gelassen hat, könnte ihm eine unerfreuliche Diskussion über eine mögliche Abfindung ins Haus stehen.

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